Die unlangweiligste Schule der Welt
Moderat rebellisch: Kinder wehren sich gegen ihre regelüberformte Schule.
„So, aufgepasst, jetzt geht’s los!“, verkündet Maxe und philosophiert ein wenig über das Glück auf der Welt. Dann stellt er mit Hilfe eines heiteren Animationsfilms sein quicklebendiges Familienleben vor und kommt ohne weitere Umschweife auf die Schattenseite seines Daseins zu sprechen: die Schule! Kaum verlässt er am Morgen sein Elternhaus, muss er sich, wie alle anderen Kinder auch, in eine triste Schuluniform zwängen und zum Appell antreten, denn Schulleiter Schnittlich herrscht mit unerbittlicher Strenge und ahndet jeden Verstoß gegen eine der 777 Regeln aus seinem selbstverfassten Handbuch. Selbst der kleinste Fehler bleibt nicht ungestraft, wobei Schnittlich besonders Maxe auf dem Kieker hat. Irgendwie scheint Maxe das Unglück anzuziehen, und seine Ungeschicklichkeit löst dominoartig mittelgroße Katastrophen aus. Maxe braucht also dringend Hilfe, und die kommt unverhofft aus dem Weltall: Die BFLB, die Behörde für Langeweilebekämpfung, schickt ihren besten Mann auf die Erde: Inspektor Rasputin Rumpus. Der stellt sich tatendurstig seiner Aufgabe, die sich als wirklich harte Nuss erweist.
Einmal mehr begibt sich ein Kinderfilm in die Schule, wobei es auch diesmal weniger um anspruchsvolle Film- oder gar Herzensbildung geht als um einen ausgelassenen Unterhaltungsspaß. Während in der wirklichen Welt die Schule zwangsläufig aus Regeln besteht und im „Regel-Fall“ kein Ort für Action ist, kann man zumindest im Kino ordentlich Dampf ablassen. „Die unlangweiligste Schule der Welt“ lässt der Fantasie freien Lauf und schlägt fröhlich über die Stränge – mitunter unerwartet witzig, meistens aber nur moderat rebellisch im Rahmen des Erwartbaren. Als Verfilmung des ersten Bands der Kinderbuchreihe von Sabrina J. Kirschner ist der Film nun mal einer bekannten Marke verpflichtet, da könnte die Freiheit, sich künstlerisch allzu sehr von der Vorlage zu entfernen, zum Bumerang werden.
So gesehen schlägt sich der Film gar nicht mal schlecht. Die schon im Roman angelegte Nähe zu den Büchern von Roald Dahl nutzt er weidlich für eine freie, dabei deutlich gezähmte Variante von Dahls berühmten Kinderbuchklassiker „Matilda“: Frau Knüppelkuh und Fräulein Honig grüßen von Ferne, und auch Maxes düster gestaltetes Klassenzimmer wirkt, ganz im Sinne Dahls, wie eine Folterkammer für verängstigte und weitgehend resignierte Kinder, die weder aufmucken noch zu Freundschaft und Solidarität fähig sind. Genau da setzt Retter Rumpus an. Mit einem raffiniert erdachten Plan und allerlei technisch verspielten Tricks will er Schulleiter Schnittlich stoppen und Maxe als Agent anwerben. Dabei erklärt er ihm, dass echte Veränderung stets von innen kommen müsse, also aus den Kindern selbst, doch leider hätten sich diese in Maxes Klasse mit ihrem Schicksal abgefunden. Rumpus Plan startet mit einem ziemlich verrückten Schulausflug, bei dem sich die Kinder besser kennenlernen und erste Schritte in Richtung Solidargemeinschaft einschlagen – und Maxes überstrenge Lehrerin Frau Penne ihre harte Schale verliert und sich den Kindern Stück für Stück fürsorglicher zuwendet.
Rumpus‘ Wahlspruch lautet „Erwarte das Unerwartbare!“, was für Maxe ein guter Rat ist, indes nicht ganz so überzeugend als Slogan für den Film taugt. Dafür verläuft dieser doch weitgehend in allzu vertrauten Bahnen, wenn es darum geht, die Pläne des Schulleiters zu vereiteln, der davon träumt, dass sich alle Schulen von Waldorf bis Hogwarts ausschließlich nach seinem despotischen Regelwerk richten. Allenfalls der aufgeweckte, stetig selbstbewusster werdende Maxe wird halbwegs charaktervoll gezeichnet, während seine Mitschüler*innen eher nur als Typen agieren, deren Wesenszüge nur einmal kurz auf eingeblendeten Notizzetteln vorbeihuschen. Wenn es dem Film damit auch an Substanz fehlt, gelingt ihm eines unbestritten: Dank viel Klamauk und turbulentem Slapstick-Humor bietet er kurzweilige Unterhaltung, und das ohne den Anflug jenes erhobenen Zeigefingers, der Schnittlichs Schulwappen ziert.
Horst Peter Koll
Die unlangweiligste Schule der Welt - Deutschland 2023, Regie: Ekrem Ergün, Kinostart: 26.10.2023, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 8 Jahren, Laufzeit: 87 Min. Buch: Sabrina J. Kirschner, nach ihrem Roman „Die unlangweiligste Schule der Welt 1: Auf Klassenfahrt“. Kamera: Eric Ferranti. Musik: Peter Peter. Schnitt: Sabine Brose. Produktion: Stormy Donkey Prod., Tobis Film. Verleih: Tobis. Darsteller*innen: Lucas Herzog (Maximilian „Maxe“ Zack). Serkan Kaya (Inspektor Rasputin Rumpus). Max Giermann (Direktor Horst Schnittlich), Felicitas Woll (Anna-Marie Penne). Erna Westphal (Frieda Geratwohl), Oliver Korittke (Hausmeister Egon Traufe) u. a.
Altersempfehlung 6-9 Jahre
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