Neue Geschichten vom Franz
Die rundum gelungene Fortsetzung lebt wieder von ihrem Charme und Witz sowie den sympathischen Figuren.
Der kleine Bub mit den Ringellocken ist größer geworden. Der herzige Franz Fröstl, dem die österreichische Autorin Christine Nöstlinger 19 Bücher gewidmet hat, ist mittlerweile zehn Jahre alt, aber immer noch von kleinerer Statur als sein bester Freund Eberhard und seine beste Freundin Gabi. Die warme österreichische Stimme von Brigitte Kren begleitet aus dem Off das neue Abenteuer von Franz, das er in seinen Sommerferien erlebt. Wir sind sofort wieder im Wiener Kosmos, im Stiegenhaus der Familie Fröstl, wo im Rückgebäude Gabi mit ihrer Mutter wohnt. Aber: „Weißt eh, oder?“
Dreierfreundschaften können zum Problem werden, wenn es beispielsweise zu Streitereien zwischen Zweien kommt. Ausgerechnet kurz vor den großen Ferien werden die Auseinandersetzungen zwischen Gabi und Eberhard immer unerträglicher. Als die Schulglocke den letzten Schultag einläutet, wollen die beiden nichts mehr miteinander zu tun haben und beanspruchen nun beide Franz jeweils für sich allein. Da ist guter Rat teuer. Obwohl Franz nun etwas älter geworden ist, plagen ihn immer noch Unsicherheit und Selbstzweifel. So hatte Nöstlinger ihn charakterisiert: mit piepsiger Stimme, wenn er aufgeregt ist, und weil er kleiner als die anderen Kinder seines Alters ist und mit seiner goldenen Haarpracht eher wie ein Mädchen aussieht, fehlt es ihm an Selbstbewusstsein. Was kann er nun also tun, um die nächsten schulfreien Wochen paritätisch zwischen Gabi und Eberhard aufzuteilen? Ein komplizierter Zeitplan, den er erstellt, scheitert gleich am ersten Tag, als sich die zwei Streithähne im Schwimmbad begegnen und beide dachten, sie seien mit Franz alleine dort. Nach dem Eklat ist jetzt zunächst einmal jede*r für sich allein.
Regisseur Johannes Schmid hat mit der österreichischen Drehbuchautorin Sarah Wassermair wieder ein wunderbares Universum geschaffen, mit dem sie nahtlos an ihren ersten Film „Geschichten vom Franz“ (2022) anknüpfen und sehr authentisch den Duktus der Buchvorlagen in seiner wienerischen Anmutung treffen. Die älter gewordenen Kinderdarsteller*innen überzeugen auch jetzt wieder und die Erwachsenen, allen voran Simon Schwarz als Hausmann Papa Fröstl, runden das Ensemble auf hohem Niveau ab.
Franz denkt sich in seiner Not eine Detektivgeschichte aus, damit Gabi, Eberhard und er gemeinsam als Team ermitteln müssen: Könnte es sein, dass die grantige Nachbarin Frau Berger aus dem Erdgeschoss hinter den Schmuckdiebstählen der vergangenen Wochen steckt? Franz’ Plan geht auf. Zunächst halten Gabi und Eberhard wieder zusammen. Während die Story als Detektivgeschichte Fahrt aufnimmt, erweitert sich der Radius der Kinder über ihr Quartier hinaus. Um Frau Berger zu beschatten, sind die sie auch schon mal nachts mit der U-Bahn unterwegs.
Alle drei Kinderfiguren werden in ihren jeweiligen Stärken, aber auch mit ihren Schwächen ernstgenommen und ergänzen sich zu einem prima Ermittler*innen- Team, das über die gemeinsamen Nachforschungen ganz neu zueinander findet. Gabi als Sherlock Holmes-Fan und Schlaue in dieser Runde baut beispielsweise die Wohnung der Verdächtigen als Modell mittels Schuhschachtel nach und weiß natürlich auch, wie man mit dem Handy ein verdächtiges Gespräch abhört. Aber Gabi kann auch sehr rechthaberisch sein. Eberhard ist da eher zupackend und immer Feuer und Flamme, wenn es etwas zu erledigen gibt, hat aber immer noch großen Respekt vor Frau Bergers kläffendem Vierbeiner Libruetto. Franz als Initiator beobachtet die Verdächtige und es ist ihm natürlich daran gelegen, den Fall so lange wie möglich in der Schwebe zu halten, denn sonst wäre es mit dem Frieden zwischen Gabi und Eberhard schnell wieder vorbei. Dabei verstrickt er sich zunehmend in ein kompliziertes Lügengerüst. Weil Franz sich nicht traut, den Freund*innen die Wahrheit zu sagen, nimmt das Drama seinen Lauf.
Trotz Kriminalfall wird hier kaum mit moderner Technik recherchiert. Die Geschichte bleibt stattdessen herrlich zeitlos im Nöstlinger-Ambiente verhaftet. In warmen Bildern und mit dem Titelsong von Marco Wanda, der noch eine Weile nachklingt, wird eine Welt voller Abenteuer entfaltet, die aber nie zu spannend oder gruselig wird und die für einige Überraschungen sorgt. Nicht zuletzt lernt Franz seine sonst so griesgrämige Nachbarin von einer ganz neuen Seite kennen und die Verbindung, die sich zwischen ihnen für einen Moment herstellt, lenkt die Geschichte in eine unerwartete Richtung. Auch alte Menschen haben noch Träume und Ängste – ganz so wie Franz, Gabi und Eberhard.
Katrin Hoffmann
Neue Geschichten vom Franz - Österreich, Deutschland 2023, Regie: Johannes Schmid, Kinostart: 07.09.2023, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 7 Jahren, Laufzeit: 72 Min. Buch: Sarah Wassermair, nach den Büchern von Christine Nöstlinger. Kamera: Matthias Grunsky. Musik: Toni Martin Dobrzanski. Schnitt: Karin Hammer. Produzent*innen: Katharina Posch, Michael Kitzberger, Wolfgang Widerhofer, Ingo Fließ, Nikolaus Geyrhalter, Markus Glaser. Produktion: NGF Geyrhalterfilm, if... Productions. Verleih: Wild Bunch. Darsteller*innen: Jossi Jantschitsch (Franz), Nora Reidinger (Gabi), Leo Wacha (Eberhard), Maria Bill (Frau Berger), Ursula Strauss (Mama Fröstl), Simon Schwarz (Papa Fröstl) u. a.
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