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Die Schule der magischen Tiere 2

Im Kino: Näher dran an den Figuren. Die Fortsetzung findet einen guten Fokus.

Die erste Frage vieler Fans der „Magischen Tiere“ lautet: Wer bekommt dieses Mal seinen tierischen Freund aus Mortimer Morrisons Zoohandlung? Bekanntermaßen reist Mortimer um die Welt, um sprechende Tiere zu finden, die mit einem Menschen Freundschaft schließen möchten. Sie werden dann in der Schulklasse von Mortimers Schwester, der freundlichen Lehrerin Miss Cornfield, paarweise den Schüler*innen überreicht. Dass die Tiere sprechen können und ein temperamentvolles Eigenleben führen, wissen nur die Kinder selbst sowie einige Eingeweihte – die Übrigen wundern sich nur manchmal darüber, dass ein putziges Stofftier im Weg steht. Die magischen Tiere wiederum bewirken keine Wunder, sorgen aber dafür, dass die Kinder mit ihren oft verwirrenden, mitunter traurigen Empfindungen nicht länger allein sind. Miss Cornfield wiederum führt ihre Klasse mit Hilfe der Tiere in die „spannenden magischen Dinge des Lebens“ ein und schweißt sie zur Gemeinschaft zusammen. Und wie ginge dies besser als mit „Abenteuer und Freundschaft“?

Man darf es verraten, ohne zu viel vom zweiten Kinofilm preiszugeben: Diesmal sind Jo und Anna-Lena die glücklichen „Tiergewinner“. Jo kennt man aus dem ersten „Die Schule der magischen Tiere“-Kinofilm (Gregor Schnitzler, 2020). Da war er noch ein Außenseiter und konnte richtig gemein sein, bevor Ida seinen guten Kern entdeckte, ihn vor falschen Anschuldigungen bewahrte und sich ein wenig in ihn verliebte. Auch Jo empfindet etwas für Ida, wie aber soll er sich ihr mitteilen? Zu Beginn des neuen Films posiert er vor dem heimischen Spiegel und übt vermeintlich coole Liebesgeständnisse ein, als die Botschaft kommt: Sein magisches Tier sei unterwegs, wie sich erweisen wird, es ist ein forscher, mehr als selbstbewusster Pinguin namens Juri.

Anna-Lena ist eine neue Hauptfigur, die an Idas und Jos Seite tritt. Sie ist schüchtern und verschlossen, leidet still unter ihrer unüberwindbaren Zurückhaltung und bürdet es sich als so etwas wie eine Strafe auf, der zickigen, eingebildeten und herzlosen Helene zu dienen, deren Hausaufgaben zu machen und ihr jeden Dienst abzunehmen. Anna-Lena möchte sich damit Helenes Freundschaft erwerben und wird dennoch nicht in deren elitären Freundinnenkreis aufgenommen, sondern verächtlich gemacht und erniedrigt. Auf den ersten Blick scheint Anna-Lenas magisches Tier perfekt dazu zu passen: Auch das Chamäleon Caspar aus Madagaskar bleibt lange Zeit unsichtbar, bevor es seine schillernden Farben offenbart, Anna-Lenas bester Freund wird, sie tröstet und sanft zu mehr Mut und Selbstbewusstsein anhält.

Es kann nicht schaden, den ersten Film der Reihe zu kennen. So lassen sich die magischen Hintergründe sowie die bereits eingeführten Personen leichter verstehen und einordnen. Andererseits kann man sich ganz gut an Anna-Lena halten, die schrittweise in den magischen Tier-Kosmos eingeführt wird. Auch die Erfolgsbücher von Margit Auer muss man nicht unbedingt gelesen haben, der zweite Kinofilm nimmt ohnehin nur einige Handlungsfäden aus dem Buch „Voller Löcher“ auf, kombiniert sie mit eigenen Elementen und spinnt die immer deutlicher werdende Zuneigung zwischen Ida und Jo aus. Daraus ergeben sich Gefühlsverwirrungen, Missverständnisse und Enttäuschungen, an denen Helene in ihrer Geltungssucht viel Anteil hat. Sie intrigiert, beeinflusst andere (auch Juri) und bedroht den Zusammenhalt der magischen Gemeinschaft.

Wie in vielen Kinderbüchern und -filmen (von Erich Kästners „Das fliegende Klassenzimmer“ bis zum zweiten Teil von Cornelia Funkes „Wilde Hühner“-Reihe) ist es auch hier ein Theaterstück, das die Kinder zu sich selbst führt. Während sie ihre Begeisterung für die Bühne entdecken, gibt es hinter den Kulissen manche Intrige, bis die Kinder ins Rampenlicht treten und das Theater als idealen Raum für ihre Kreativität erobern. Dies gilt besonders für Anna-Lena: Nachdem Ida deren Gesangskünste entdeckt hat, wird sie vom hässlichen Entlein (und Aschenputtel), das zuvor noch für Helene ergeben ein Kostüm schneidert, zum schönen Schwan. Ehrlich und beherzt singt sie: „Ich will kämpfen nach außen, statt in mir selbst. Ich fühle mich so allein, kann mich niemand sehen?“

Im Roman dreht sich das Theaterstück noch um Robin Hood, jetzt führen die Kinder unter Anleitung von Miss Cornfeld ihr eigenes Musical auf. Damit widersetzen sie sich der Anweisung von Schulleiter Siegmann, der anlässlich des 750-jährigen Bestehens der Wintersteinschule ein historisches, behäbig-pathetisches Stück aufführen lassen will. Das Musical der magischen Gemeinschaft handelt dagegen von der vergessenen Legende der Adelheid, rückt die Schulgründung in ein neues weibliches Licht und dabei auch die Emanzipation der Kinder.

Dies sind die reizvollen neuen Akzente des flott inszenierten Fortsetzungsfilms, der ansonsten viele Themen und Einfälle aus Teil eins wiederholt. So gibt es nicht nur die attraktiv animierten magischen Tiere, sondern auch die teils schrulligen und herkömmlich karikierten, teils liebenswert-verlässlichen Erwachsenen, und auch das Schulschloss spielt erneut eine tragende Rolle, wobei die im Romantitel genannten Löcher auf dem Schulhof zum verborgenen Geheimnis führen. Dass vieles also eher von der Stange vertrauter Kinderunterhaltung kommt, könnte man ebenso kritisieren wie die „unmögliche“ Parallelführung von gleich drei Handlungsfäden im Finale, wenn die Theateraufführung so lange gestreckt wird, bis alle Fäden entknotet sind. Das junge Publikum dürfte das weniger stören, können sie doch bei Themen wie Freundschaft und Rivalität, Ehrlichkeit und Solidarität, Schüchternheit und mangelndem Selbstwertgefühl problemlos an ihren Alltag andocken. Und da es im Film um Emanzipation und weibliche Selbstbestimmung geht, könnte womöglich Helene noch ein sehr spannender Charakter werden: In einem späteren Roman bekommt sie als magisches Tier die Katze Karajan, die zum Frühstück Lachs mag und gerne ihre Krallen ausfährt.

Horst Peter Koll

© Leonine
8+
Spielfilm

Die Schule der magischen Tiere 2 - Deutschland 2022, Regie: Sven Unterwaldt, Kinostart: 29.09.2022, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 8 Jahren, Laufzeit: 102 Min. Buch: Thorsten Näter, Sven Unterwaldt, Alexander Dydnya, Viola Schmidt, nach Motiven eines Kinderromans von Margit Auer. Kamera: Bernard Jasper. Musik: Dominik Giesriegl. Schnitt: Zaz Montana. Produktion: Kordes & Kordes/Leonine Studios/Lightburst Pictures. Verleih: Leonine. Darsteller*innen: Emilia Maier (Ida Kronenberg), Loris Sichrovsky (Jo Wieland), Lilith Julie Johna (Anna-Lena Zink), Leonard Conrads (Benni Schubert), Emilia Pieske (Helene May), Milan Peschel (Mortimer Morrison), Nadja Uhl (Miss Cornfield) u. a.

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