Der Grinch (2018)
Weihnachten nervt. Denkt sich der mürrische, grüne, flauschige Grinch. Und will es abschaffen.
Der Grinch, man muss sich diesen Namen auf der Zunge zergehen lassen, ist ein unverbesserlicher Griesgram. Er ist grün, hat einen zotteligen Pelz und ist notorisch schlecht gelaunt. Weil er Menschen – vor allem die stets freundlichen Bewohner*innen von Whoville – nicht erträgt, lebt er zurückgezogen in den Bergen. Sein einziger Ansprechpartner ist sein treuer Hund Max. Kurzum, der Grinch ist jemand, dem man aus dem Weg geht, vor allem zur Weihnachtszeit, denn er verabscheut das Fest der Liebe aus tiefstem Herzen. Er hasst die Lebkuchen, die Weihnachtslieder, die in Whoville voller Inbrunst gesungen werden, die aufgeregten Kinder, die kilometerlangen Lichterketten und all die „bedeutungslosen“ Geschenke, die die Leute zuhauf kaufen. In den Augen des Grinchs geht es in der Weihnachtszeit nur um Gier und Konsum. Und dieses Jahr soll Weihnachten in Whoville sogar „dreimal so groß“ werden. Also noch mehr Glühwein, Glitter und Glückseligkeit. Das ist zu viel für den Grinch und so beschließt er, dass dieser alljährliche Wahnsinn ein Ende haben muss, und zwar nicht, weil er den tieferen Sinn der Weihnacht vermitteln, sondern weil er schlichtweg seine Ruhe haben will.
Die Geschichte vom Grinch, der sich in der Weihnachtsnacht als Santa Claus verkleidet und den Whos, wie die Einwohner*innen des Städtchens heißen, sämtliche Geschenke und damit die Freude am Fest stehlen will, hat im Jahr 1957 der US-amerikanische Kinderbuchautor Theodor Seuss Geisel, besser bekannt als Dr. Seuss, erdacht. Sein „How the Grinch Stole Christmas“ ist ein schmaler Band und im englischsprachigen Raum ein Klassiker der Weihnachtsliteratur. Mit nur wenigen Strichen entwirft Dr. Seuss darin (und nicht nur in diesem Buch) charakterstarke und sehr eigensinnige Figuren. Seine in Reimen geschriebenen Geschichten stecken voller Sprachwitz und kleiner wohl dosierter Seitenhiebe. Warum der Grinch Weihnachten so sehr hasst, wird trocken in zwei Zeilen erklärt: „But I think that the most likely reason of all / May have been that his heart was two sizes too small.” Sein Herz ist einfach zwei Nummern zu klein. Aber natürlich – trotz aller verhaltener Konsumkritik handelt es sich immer noch um eine Weihnachtsgeschichte – ist das Herz vom Grinch ausbaufähig und wird er eines Besseren belehrt.
In Deutschland ist der Grinch durch Ron Howards gleichnamige Realverfilmung (2000) bekannt geworden. Jim Carrey spielt darin die Titelrolle mit fieser grüner Fratze. Zuvor war die Geschichte 1966 schon einmal für das US-Fernsehen als Zeichentrick verfilmt worden und nun liefert Illumination Entertainment eine computeranimierte Version in 2D und 3D, nachdem die Produktionsfirma bereits mit „Der Lorax“ (Chris Renaud, Kyle Balda, 2012) ein Dr. Seuss-Büchlein adaptiert hat. Doch vor allem steht der Name des Hauses für die Animationsblockbuster „Ich – einfach unverbesserlich“ (Pierre Coffin, Chris Renaud, 2010) und für die „Minions“ (Kyle Balda, Pierre Coffin, 2015), die im Vorfilm zu der „Der Grinch“ wieder ihren Anarchotrieb ausleben dürfen. Entsprechend rasant und turbulent geht es auch in ihrem neustem Werk zu. Die kleine Geschichte wurde für den 90-Minüter naturgemäß aufgeblasen, Handlung, Figuren und Setting entsprechend ausgeschmückt und erweitert. So lebt der Grinch, dessen Verhalten durch eine Vorgeschichte psychologisiert wird, nun in einer komfortablen Höhle mit allerlei High-Tech-Schnickschnack, an der auch der englische Knet-Gentleman Wallace seine Freude haben dürfte. Aus dem Dorf Whoville ist eine kleine Stadt geworden, die wegen maßloser Weihnachtsdekorationen wie eine mit Zuckerguss überzogene Torte aussieht. Außerdem gesellt sich zu dem grünen Miesepeter und seinem Sidekick Max ein molliges und sehr dämliches Rentier. Wie in der Realverfilmung mit Jim Carrey spielt das Mädchen Cindy-Lou in der Neuverfilmung auch diesmal eine tragende, wenngleich andere Rolle. Die Kleine ist so großherzig, dass sie die Garstigkeit des Grinchs nicht wahrnimmt und seine Seelenretterin wird. Nach bewährtem Muster setzt das Produktionsstudio auf Gags und Slapstick, auf überdrehte Action und überbordenden Detailreichtum. Es gibt von allem ein wenig zu viel und so kommt es, dass man den Grinch und seine Aversion alsbald versteht.
Doch die Rechnung von Illumination wird aufgehen. Otto Waalkes macht seine Sache gut und sogar besser als Benedict Cumberbatch, der im englischen Original der Titelfigur seine Stimme leiht. Der Film macht oft Spaß und gegen seine Botschaft kann man nichts einwenden. Vielleicht überlegen die Kinder während des Abspanns, ob der Grinch Recht hat mit seiner Kritik, während sie Popcorn aus Pappeimern naschen, die mit dem Konterfei des grünen Miesepeters bedruckt sind. Er grinst, denn es gibt außerdem noch Grinch-Tassen, Grinch-T-Shirts und sicher auch die eine oder andere Grinch-Sammelfigur.
Kirsten Taylor
The Grinch (2018) - USA 2018, Regie: Scott Mosier, Yarrow Cheney, Kinostart: 29.11.2018, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 8 Jahren, Laufzeit: 89 Min., Buch: Michael Lesieur, Tommy Swerdlow, nach dem Roman „Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat“ von Dr. Seuss. Musik: Danny Elfman. Schnitt: Chris Cartagena. Produktion: Chris Meledandri, Janet Healy. Stimmen: Otto Waalkes (Grinch), Xara Eich (Cindy-Lou), Alexander Doering (Erzähler), Natasche Geisler (Donna), Freddy Gerberon (Groopert) u. a.
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