Die Mucklas … und wie sie zu Pettersson und Findus kamen
Im Kino: Die Nebenfiguren aus den Bildernbüchern von Sven Nordqvist stehen in diesem Spin-Off im Rampenlicht.
Sie sind die heimlichen Helden im Kosmos der „Pettersson und Findus‟-Geschichten: die Mucklas. Kleine Kobolde, die unter dem Dielenboden hausen und allerhand Unfug treiben, sich vor allem aber bei den Menschen im Haushalt bedienen. Sei es Essen, Werkzeug oder Materialien, die sie zum Leben benötigen – sie stibitzen alles so geschickt, dass die Menschen ihnen nicht auf die Schliche kommen. Ohnehin sind sie für Menschen unsichtbar, können von Tieren aber sehr wohl gesehen werden. Der Kater Findus sieht sie also, der alte Pettersson eben nicht. Schon in den „Pettersson und Findus‟-Filmen fungierten die Mucklas als Sidekicks. Nun haben sie endlich ihre ganz eigene Geschichte bekommen und wir erfahren, wie sie zu Pettersson und Findus gefunden haben.
Als der Besitzer des alten Kramladens, in dem die Muckla-Sippe lebt, plötzlich stirbt und Killer Karl, ein auf Insekten- und Kleintierbekämpfung spezialisierter Jäger, die Räumlichkeiten des Ladens übernimmt, ist es dort mit der Gemütlichkeit und vor allem dem wunderbaren Chaos schlagartig vorbei. Killer Karl zwingt die Mucklas, sich einen neuen Lebensraum zu suchen. Ganz so, wie es das große Muckla-Buch der Vorhersehung prophezeit, werden drei der jüngsten Mucklas auserkoren, um das neue Land zu finden. Man könnte sagen, das ist schon die ganze Story. Ein klassisches Road Movie, in dem es gilt, unzählige Hindernisse zu überwinden, bis die Held*innen glücklich ans Ziel gelangen. Aber die Geschichte erzählt doch so viel mehr, als durch Kanalrohre zu schwimmen, von Ratten verfolgt zu werden oder in einer Eishöhle zu frieren.
Die Brüder Tjorben und Smartö begeben sich mit ihrer Kusine Svunja auf die große Expedition. Die drei bilden ein perfektes Trio, auch wenn sie das zu Beginn ihrer Tour nicht so sehen. Svunja und Tjorben streiten sich zunächst unablässig, wer von ihnen die Führung ihres Stammes übernimmt, sollte ihr Opa einmal abtreten, der bisher die Geschicke der Mucklas leitet. Die liebenswerteste Figur ist der kleine Smartö, auf den die erste Wahl des Auserwählten fiel. Auf ihm ruhen alle Hoffnungen, obwohl er noch nicht einmal richtig sprechen kann. Sein staunendes „mega plana“, sein abwehrendes „nona tascha“ und das begeisterte „nomaal, nomaal“ nach waghalsigen Erlebnissen charakterisieren ihn perfekt. Mit seinem „nona tascha“ wehrt er sich jedes Mal, wenn ihn jemand anfasst. Denn das kann er überhaupt nicht leiden. Und da er der einzige Muckla ist, der ständig Dinge nach Farben oder Größen sortiert, liegt die Vermutung nahe, dass er ein Autist ist, der am liebsten allein bleibt und anstatt des üblichen Muckla-Chaos Ordnung braucht. Er ist es auch, der schließlich einen Heißluftballon konstruiert, mit dem die drei Kinder Richtung gelobtes Land fahren. Smartö ist zwar noch sehr klein, aber schon sehr schlau. Sein Bruder dagegen muss seine Kräfte ständig mit Svunja messen. Im Grunde aber ist er ein treusorgender großer Bruder, der auch seine Kusine mag. Seinen weichen Kern verbirgt er hinter Machogehabe und intuitiven Entscheidungen. Svunja unterdessen gibt immer damit an, mit dem Hirn zu arbeiten, statt nach ihrem Bauchgefühl zu entscheiden. Die Reise ist gleichzeitig der Beginn einer verlässlichen Freundschaft und lässt alle drei Mucklas schließlich erkennen, dass man nur zusammen erfolgreich sein kann.
Die Kombination von Realfilm und CGI-Animation gelingt in diesem Film besonders gut. Dazu haben sich die beiden Regisseure Ali Samadi Ahadi, der bereits die ersten drei „Pettersson und Findus“-Realfilme aus den Jahren 2014 bis 2018 inszeniert hat, und Markus Dietrich („Sputnik“, 2013, „Invisible Sue“, 2018) zusammengetan. Zeichnet sich die unterirdische Welt der Mucklas durch liebevoll gestalteten Detailreichtum aus, spiegelt sich dies genauso in der oberirdischen Menschenwelt wieder. Animierte wie reale Figuren sind durch reduzierte Kostüme genau charakterisiert. In der echten Welt sind die Sehnsuchtsorte der Mucklas – etwa der Kramerladen oder das schräge Haus von Pettersson und Findus –zugleich Spiegelbilder ihrer unterirdischen Behausung. Herrlich fies gibt Uwe Ochsenknecht den Kammerjäger, ohne ihn zu sehr zu überzeichnen und Christine Urspruch als seine Angebetete Molly ist zunächst warmherzig und zart. Erst als Killer Karl ihre Wohnung demoliert, ist Molly leicht irritiert, in wen sie sich da wohl verguckt hat.
Nach diesem Spin-Off werden wir sicher noch weitere Abenteuer mit den Mucklas zu sehen bekommen, denn die Storys um Pettersson und Findus sind mittlerweile auserzählt.
Katrin Hoffmann
Die Mucklas … und wie sie zu Pettersson und Findus kamen - Deutschland, Luxemburg 2022, Regie: Ali Samadi Ahadi, Markus Dietrich, Kinostart: 20.10.2022, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 5 Jahren, Laufzeit: 81 Min. Buch: Thomas Springer, nach den Figuren aus den „Pettersson und Findus“-Büchern von Sven Nordqvist. Kamera: Mathias Neumann. Musik: André Dziezuk. Schnitt: Andreas Menn. Produzent*innen: Helmut G. Weber, Talin Özbalik, Thomas Springer. Produktion: Tradewind Pictures, Amour Fou Luxemburg, Senator Film Produktion, Little Dream Entertainment. Verleih: Wild Bunch. Darsteller*innen: Stefan Kurt (Pettersson), Uwe Ochsenknecht (Killer Karl), ChrisTine Urspruch (Molly) u. a.
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