Die Pfefferkörner und der Schatz der Tiefsee
Im Kino: Ein Umweltkrimi? Oder doch vor allem ein rasanter Actionfilm? Die Kinderdetektiv*innen ermitteln wieder.
Seit mehr als 20 Jahren gibt es die Fernsehserie um die Hamburger Kinderdetektiv*innen, die sich stolz „Pfefferkörner“ nennen. Mehrfach schon wurde das Team ausgetauscht, inzwischen geht bereits die elfte Kinder-Generation auf Verbrecherjagd. Auch wurde ihr Domizil in der Hamburger Speicherstadt ständig mit neuem Computer-Equipment ausgestattet, damit die Kids „ihre“ Diebe, Betrüger*innen und Umweltsünder*innen mittels digitaler Hilfsmittel superschnell aufspüren können. Selbstbewusst gehen sie jeden Fall an und klären nebenbei auch manches zwischenmenschliche Problem, etwa wenn es um bedrohte Freundschaften, Leseschwäche, Rivalität oder Mobbing in der Schule geht.
Nun startet schon das zweite Leinwandabenteuer, wobei aus dem ersten Kinofilm „Die Pfefferkörner und der Fluch des Schwarzen Königs“ (Christian Theede, 2017) nur noch das jetzt zwölfjährige „Pfefferkorn“ Alice übriggeblieben ist. Zu Beginn besucht sie während der Sommerferien ihren Freund Tarun in Nordirland, was aber eigentlich nicht weiter wichtig ist. Stattdessen macht der Film keine langen Vorreden und wirft sich mitten hinein in die erste spektakuläre Verfolgungsjagd. In schwindelerregender Höhe verfolgen Alice und Tarun einen maskierten Dieb auf den Klippen vor der Meeresküste, immer höher geht es, in immer unwegsamere Regionen. „Gib‘ die Tasche zurück“, ruft Alice, „die Pfefferkörner haben dich gestellt!“ Doch der Flüchtende gibt sich nicht geschlagen und entkommt. Das verschafft einem immerhin eine kleine Verschnaufpause, denn nun folgt der Vorspann, und der erklärt eindeutig die Erzählweise: Im Stil der „großen“ James-Bond-Filme geht es dem Fortsetzungsfilm um Rasanz und Action, scheinbar ausweglose Gefahren und coole Jung-Detektiv*innen, die stets alles im Griff haben.
Selbst in größter Gefahr bleiben sie ohne jeden Kratzer und ohne jede seelische Blessur. Genau das ist das (Erzähl-)Prinzip: Der Film feiert die jungen Protagonist*innen als Held*innen, deren Mut und Selbstbewusstsein so übergroß sind, dass sie nicht die geringsten Zweifel an irgendetwas hegen. Entsprechend wird jede Szene dramaturgisch übersteigert, jedes Handeln zum Heroischen stilisiert und jedes Misstrauen gegenüber der Wahrscheinlichkeit in Effekten, Sensationen und spektakulären Turbulenzen erstickt. Ort und Zeit spielen dabei keine Rolle: Ob Nordsee oder Ostsee, ob Amrum oder Mecklenburg-Vorpommern, ob Hamburg oder Stralsund (das sein Meeresmuseum „Ozeanum“ nach Hamburg abtreten muss) – was allein zählt, sind die auf den ersten Blick zwar effektvollen, in Wahrheit aber abgedroschenen Szenerien: Das Meer ist schön, die Küste ist wild, Landschaften und Industrieorte sind riesige Abenteuerspielplätze.
Klar, es gibt auch so etwas wie eine Handlung. Die kreist um Taruns Mutter, eine engagierte Biologin, die ein Verfahren entwickelt hat, um mit genetisch veränderten Mikroben den Plastikmüll in den Meeren zu verringern. Als sie entführt wird, gerät ein reicher und skrupelloser Müllentsorger in Verdacht, doch die neuen „Pfefferkörner“ ermitteln an gleich mehreren Brandherden und stoßen auf mehrere Verdächtige. Was nach kritischem Umweltkrimi klingt, ist in Wahrheit nur rasantes Action- und Popcorn-Kino, das sich mit einigen Schlagworten zu Ökologie und Naturschutz lediglich schmückt und stattdessen Kinder bis zur Erschöpfung und zur Kritiklosigkeit überfrachtet. Vielleicht ist das alles gar nicht so richtig ernst gemeint, und der Film will nur spielerisch unterhalten; doch dafür sind die vielen schnellen Bilder einfach zu bombastisch – und zu seelenlos.
Horst Peter Koll
Die Pfefferkörner und der Schatz der Tiefsee - Deutschland 2020, Regie: Christian Theede, Kinostart: 30.09.2021, FSK: ab 6, Empfehlung: ab 10 Jahren, Laufzeit: 94 Min. Buch: Dirk Ahner. Kamera: Matthias Fleischer. Musik: Mario Schneider. Schnitt: Martin Rahner. Produktion: Letterbox Filmprod., Studio Hamburg UK, NDR, Senator Film, Nordfilm. Verleih: Wild Bunch. Darsteller*innen: Emilia Flint (Alice), Caspar Fischer-Ortmann (Tarun), Charlotte Martz (Clarissa), Myriam Abbas (Jaswinder), Heino Ferch (Robert Fleckmann) u. a.
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