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Ein bisschen bleiben wir noch

Im Kino: Die Geschichte zweier Flüchtlingskinder, die von einer gemeinsamen Zukunft ihrer Familie träumen.

Mit dem Spielfilm „Ein Augenblick Freiheit‟ begann der Regisseur und Drehbuchautor Arash T. Riahi 2008 seine geplante „Flucht“-Trilogie. Nun, im zweiten Teil, der auf dem 1994 erschienenen Kinderbuch „Oskar und Lilli“ der mehrfach ausgezeichneten österreichischen Autorin Monika Helfer basiert, stehen zwei Kinder im Mittelpunkt des Geschehens.

Während in der Vorlage die Geschwister Oskar und Lilli ihr Zuhause wegen der psychischen Erkrankung ihrer Mutter verlieren, erweitert Arash T. Riahi den Konflikt, indem er den beiden Hauptfiguren einen Flüchtlingshintergrund gibt. Damit knüpft der im Iran geborene Filmemacher an eigene Erfahrungen an. Er musste als Achtjähriger mit seinen Eltern nach Österreich fliehen und wurde von seinen Geschwistern getrennt, die zunächst bei den Großeltern blieben.

In „Ein bisschen bleiben wir noch“ sind es der achtjährige Ortsa und seine 13-jährige Schwester Leila, die vor sechs Jahren gemeinsam mit der Mutter aus Tschetschenien geflüchtet sind. Inzwischen betrachten die Kinder Wien als ihre neue Heimat, lassen sich Oskar und Lilli nennen und sprechen fließend Deutsch. Doch nun droht der Familie die Abschiebung. Aus Verzweiflung unternimmt die ohnehin schwer traumatisierte Mutter einen Selbstmordversuch und wird in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Oskar und Lilli werden getrennt und bei verschiedenen Pflegeeltern untergebracht. Zunächst wird sogar jeglicher Kontakt der Kinder untereinander beziehungsweise mit der Mutter unterbunden. Oskar wohnt nun bei Susanne und Josef, einem strengen Lehrer*innenehepaar, und kann sich an deren ökologisch-bewusste Lebensweise nur schwer gewöhnen. Aber er freundet sich mit der schwer an Parkinson erkrankten Erika, Josefs Mutter, an und gibt ihr neuen Lebensmut. Lilli lebt unterdessen bei der alleinstehenden Ruth und kommt mit ihr gut zurecht. Die verständnisvolle Pflegemutter behandelt sie wie eine Freundin und versucht, ihr Geborgenheit zu geben. Gleichwohl sucht Ruth auch bei Lilli Geborgenheit zu finden. Trotzdem träumen die Geschwister, insbesondere Oskar, davon, wieder mit ihrer Mutter zusammenzuleben und gemeinsam nach Südamerika auszuwandern. Dorthin, wo „die Menschen viel netter sind als hier und sogar ihre Kühe massieren“. Heimlich treffen sich die beiden und schmieden Pläne, wie sie ihre Mutter wiedersehen und mit ihr zusammen ein neues Leben beginnen können.

„Dies ist ein Film über die Zukunft der Migranten-Kinder, die in Europa aufwachsen, die Sprache besser als ihre eigene Muttersprache beherrschen und ihre Heimat nur mehr aus Erzählungen kennen, bei uns oft aber trotzdem keinen Platz finden“, meint Filmemacher Arash T. Riahi zu seinem Anliegen. In der Tat nimmt er konsequent die Perspektive der Kinder ein. Aus ihrem Blickwinkel wird eindringlich und bewegend das Auseinanderreißen der Familie geschildert sowie die Angst vor der Abschiebung. Dabei stellt Riahi die Behörden und Pflegeeltern nicht als „die Bösen“ dar. Sie wollen im Grunde genommen nur das Beste für Oskar und Lilli, doch in ihre Entscheidungen werden die beiden Geschwister wie auch die Mutter nicht einbezogen. Trotzdem ist die Grundstimmung im Film – bei aller Dramatik – eine positive und hoffnungsvolle, bestimmt von der Kraft der Geschwisterliebe, die die Kinder anspornt, den Kampf gegen die Bürokratie aufzunehmen und für ihre ureigenen Sehnsüchte und Interessen zu kämpfen. Zudem erhalten die Nebenfiguren, wie beispielsweise die alte Erika oder Lillis Freundin Betti, eigene genau erzählte und tiefgreifende Konflikte, die zeigen, dass auch sie in unserer Gesellschaft nur schwer einen Platz finden.

Barbara Felsmann

 

© Film Kino Text
12+
Spielfilm

Oskar & Lilli - Österreich 2020, Regie: Arash T. Riahi, Kinostart: 02.09.2021, FSK: ab 6, Empfehlung: ab 12 Jahren, Laufzeit: 102 Min. Buch: Arash T. Riahi, frei nach dem Roman „Oskar und Lilli‟ von Monika Helfer. Kamera: Enzo Brandner. Musik: Karwan Marouf. Schnitt: Julia Drack, Stephan Bechinger. Produktion: WEGA Film Produktion. Verleih: Film Kino Text. Darsteller*innen: Leopold Pallua (Oskar), Rosa Zant (Lilli), Anna Fenderl (Betti), Christine Ostermayer (Erika), Alexandra Maria Nutz (Lehrerin) u. a.

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