Ostwind - Der große Orkan
Im Kino: Auch der Abschluss der Pferdereihe ist larger than life und erzählt in großen Bildern über das Freisein.
Die „Ostwind‟-Saga ist auserzählt, nach diesem fünften Teil schließt Gut Kaltenbach endgültig seine Pforten und die Pferdegeschichten, die seit 2013 die jungen Zuschauer*innen begleiten, finden ein Ende. Allen Filmen liegen die Romane von Lea Schmidbauer zu Grunde, die auch jeweils die Drehbücher schrieb. Nun darf sie mit „Ostwind – Der große Orkan‟ ihr Regiedebüt nach ihrer eigenen Vorlage geben.
Im Mittelpunkt steht erneut Ari, die im vierten Teil „Ostwind – Aris Ankunft“ (Theresa von Eltz, 2019) die Pferdeflüsterin- und Ostwind-Versteherin Mika als Protagonistin ersetzt hat und als wildes Mädchen, als „Kriegerin“ charakterisiert wird. Mika und Ari sind die beiden einzigen Menschen, die der Hengst Ostwind auf sich reiten lässt.
Ari ist nach wie vor auf der Suche. Obwohl sie nun auf Gut Kaltenbach lebt, weiß sie trotzdem nicht, wo ihr Platz in der Welt ist und was ihre Bestimmung sein könnte. Als Mika sich von ihr verabschiedet, um nach Kanada zu reisen, hat Ari Angst vor der alleinigen Verantwortung für Ostwind. Zu Recht, denn sie bringt ihn bald unnötig in Gefahr.
Als der Wanderzirkus Equileus ins Land kommt, freundet Ari sich mit dem gleichaltrigen Carlo an, der mit seinem Vater beim Pferdezirkus als Reitkünstler mit dem berühmten Hengst Orkan arbeitet. Carlo und Ari wollen den betagten Hengst schonen, indem sie Ostwind bei der nächsten Vorführung gegen ihn austauschen, denn die beiden Hengste sehen sich frappierend ähnlich. Außerdem übernimmt Ari verkleidet die Rolle des Kunstreiters. Sie ist fasziniert von der Zirkuswelt und erweist sich als hervorragende Voltigiererin. Ist es das was sie will? Mit dem Zirkus umherziehen und auf dem Pferderücken Kunststücke vorführen? Der intrigante Zirkusdirektor lässt sie jedenfalls glauben, dass sie eine großartige Karriere vor sich hätte, wenn sie bei ihm anheuert. Aber natürlich ist er nur an Ostwind interessiert.
Mit diesem fünften Teil nimmt man nun Abschied von einem lieb gewonnen Ensemble, das ein weiteres Mal angeführt wird von der außergewöhnlichen Luna Paiano, die ihrer Figur Ari die nötige Tiefe und Ernsthaftigkeit verleiht. Um auch das letzte Abenteuer zu bestehen, kommen wieder alle jungen Held*innen zusammen, die wir von Anbeginn kennen, Mika, Fanny und Sam. Motive wie Mut, Freundschaft und vor allem die Liebe zu den Pferden haben alle Geschichten geprägt und waren die herausstechenden Themen der Filme. „Ostwind - Der große Orkan“ nimmt nun mehr die Heldin mit ihren Zweifeln und ihrem Scheitern in den Blick. Fragen wie „Wo will ich hin?“ und „Was bringt meine Zukunft?“ stehen für Kinder und vor allem für Jugendliche oftmals zentral im Mittelpunkt ihrer Entwicklung.
Umso bedauerlicher ist es, dass vieles der Story doch sehr vorhersehbar oder unglaubwürdig ist. Dass die alte Kaltenbach der 14-jährigen Ari die Originaldokumente von Ostwind mit auf ihre vorgetäuschte Reise zum Ponyhof gibt, ist einfach dumm und wir ahnen sofort, dass diese in die falschen Hände geraten werden. Dass die Pferdepflegerin, die Ari und Ostwind zum Ponyhof mitnehmen soll und eigentlich die Verantwortung in der nächsten Woche für beide hat, Ari mitsamt wertvollem Hengst irgendwo auf der Straße aussteigen lässt – völlig undenkbar. Die visionäre Verbindung, die Mika zu Ostwind hat, musste man seit dem ersten Film akzeptieren. Sie spürt einfach, wenn es ihrem Pferd schlecht geht. Das funktioniert auch über den Atlantischen Ozean hinweg bis nach Kanada – und in Windeseile ist Mika innerhalb eines Tages zurück in Deutschland und steht vor der Tür ihrer besten Freundin Fanny.
So ist alles an diesem Film ein bisschen zu groß und zu unwahrscheinlich, bildlich unterstützt durch unzählige Zeitlupen. Manchmal ist es faszinierend anzusehen, wenn Ari Kunststücke auf dem Pferd vollführt. Oft aber ist es auch redundant, wenn wir zum wiederholten Mal wehende Pferdemähnen in Slow Motion im Gegenlicht durch die Landschaft wogen sehen. Die Bilder sollen mit großem Pathos sagen: Pferd und Reiterin sind frei – ganz im Sinne der Message der gesamten Filmreihe.
Katrin Hoffmann
Ostwind - Der große Orkan - Deutschland 2020, Regie: Lea Schmidbauer, Kinostart: 29.07.2021, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 8 Jahren, Laufzeit: 102 Min. Buch: Lea Schmidbauer, nach ihrem gleichnamigen Roman. Kamera: Florian Emmerich. Musik: Annette Focks. Schnitt: Tobias Haas. Produzent*innen: Ewa Karlström, Andreas Ulmke-Smeaton. Produktion: SamFilm. Verleih: Constantin. Darsteller*innen: Luna Paiano (Ari), Hanna Binke (Mika), Matteo Miska (Carlo), Amber Bongard (Fanny), Cornelia Froboess (Maria Kaltenbach), Tilo Prückner (Herr Kaan) u. a.
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