Raya und der letzte Drache
Auf Disney+: In einem bildgewaltigen Epos vereint eine junge Kämpferin die zerstrittenen Völker ihrer Welt.
Es ist schon bemerkenswert, wie die Disney-Heldinnen sich entwickelt haben. Auch wenn sie zu Marketingzwecken gerne noch verniedlichend und mit rosa Schriftzug als „Prinzessinnen‟ bezeichnet werden, haben sie mit dem altbekannten Märchen-Rollenklischee nichts mehr zu tun. Auch Raya, die Titelheldin aus „Raya und der letzte Drache‟, beweist schon in den ersten Filmminuten ihre Stärke, ihren Mut und ihre Geschicklichkeit. Elegant hüpft und kämpft sie sich durch einen gefährlichen Abenteuerparcours. Sie muss trainieren, weil sie bald selbst eine verantwortungsvolle Rolle in dem Reich ihres Vaters übernehmen soll: Sie soll den magischen Drachendiamanten bewachen, das einzige Überbleibsel eines epischen Kampfs zwischen selbstlosen Drachen und schrecklichen Monstern, im Zuge dessen alle Drachen ihr Leben ließen, die Gefahr banntenund damit den Menschen eine Zukunft schenkten.
500 Jahre nach diesem Kampf hofft Rayas Vater immer noch darauf, die seither verfeindeten fünf Völker des gesamten Landes Kumandra wiedervereinen zu können. Doch die Gier siegt. Bei einer Zusammenkunft wird der Diamant zerstört, jedes Volk reißt ein Bruchstück an sich – und die gefährlichen Monster, die bislang von der Kraft des Diamanten in Schach gehalten wurden, beginnen von Neuem, das Land heimzusuchen und all jene zu versteinern, die sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen können. Dieses Schicksal ereilt auch Rayas Vater. Und es liegt an der Tochter, die Teile des Steins wiederzufinden und damit die Monster zu besiegen.
Durch alle fünf Reiche führt die Reise Raya nach einem Zeitsprung von sechs Jahren. Aus dem Kind ist eine Jugendliche geworden, der bald der Wasserdrache Sisu zur Seite steht, der letzte seiner Art (und einer der mächtigsten Sidekicks im Disney-Universum). Und aus jedem der fünf Landesteile gesellt sich ein*e Außenseiter*in zu ihr und unterstützt sie bei ihrer Mission.
Schön ist, dass diese Heldin keinen Prinzen braucht, um an ihr Ziel zu kommen. Ja, sie braucht nicht mal einen Tollpatsch, um durch die Gegenüberstellung stärker zu wirken. Das ist ein großer Fortschritt zu anderen Geschichten. Und auch wenn sie schlank ist, verzichtet der Film darauf, sie püppchenhaft wie die Eiskönigin Elsa zu modellieren und bietet eine zeitgemäße Identifikationsfigur.
„Raya und der letzte Drache‟ funktioniert vor allem als großes Abenteuer, das durch seine fotorealistischen Hintergründe besticht und schlicht phänomenal aussieht. Durch all die Details wirken die Welten, die Raya durchquert, ungemein echt – und kaum hat man sich an den Look einer Region gewöhnt, folgt schon die nächste, die mit ganz anderen Bilder daherkommt. Die Eindrücke ihrer Recherchereisen durch Südostasien haben die Filmemacher*innen zu einem faszinierenden Potpourri vermischt, das noch auf konkrete Kulturen und Traditionen verweist, diese aber entwurzelt und in eine fiktive Welt einbettet. Damit ist „Raya und der letzte Drache‟ erneut ein Disney-Film, in dem keine „weiße‟ westliche Figur im Mittelpunkt steht und der auf Elementen der asiatischen Mythologie beruht. Freilich geschieht all dies sehr amerikanisiert, wirken die Dialoge doch oft so, als ob sie direkt aus einem US-High-School-Film stammen würden. Somit wird der Film letztlich zum Super-Mix: Amerikanische Einflüsse verbinden sich mit südostasiatischen, die Level-Dramaturgie ist Computerspielen entlehnt, einzelne Szenen imitieren die Ästhetik unterschiedlichster Filmgenres, die 3D-Animation wird durchbrochen durch betont flächige Animationen.
Während „Raya und der letzte Drache‟ auf der Ebene der Handlung nicht überrascht, zieht er vor allem durch seine technische Perfektion auf allen Ebenen in den Bann. Aber auch wenn die Geschichte auf vertrautem Terrain wandelt, ist sie nicht belanglos. Sie erzählt von enttäuschtem Vertrauen und Vergebung, von der Notwendigkeit der Hoffnung, von Selbstlosigkeit, von Zusammenhalt, Mut und Engagement in Krisenzeiten – und wie Zwietracht aus Misstrauen entsteht. Die körperlosen Monster, schwarz- und lilafarbene flüchtige Wolken, sind ein tolles Bild, um etwas Abstraktes sichtbar zu machen und die Bedrohung zu veranschaulichen, die daraus hervorgeht.
Eine der größten Entwicklungen unterdessen macht Sisu durch, die zunächst glaubt, keine eigenen Stärken zu haben. Mit jedem neuen Stück des Diamanten verändert sie sich, nimmt besondere Gaben ihrer Brüder und Schwestern in sich auf und erkennt, wie sehr sie in ihre Familie eingebunden ist. Es ist das große Talent von Disney, Geschichten oft so zu erzählen, dass ihre Botschaften sich in den unterschiedlichsten Lebensphasen und Kontexten entfalten können.
Stefan Stiletto
Raya and the Last Dragon - USA 2021, Regie: Don Hall, Carlos López Estrada, Homevideostart: 05.03.2021, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 9 Jahren, Laufzeit: 107 Min. Buch: Qui Nguyen, Adele Lim. Musik: James Newton Howard. Produktion: Osnat Shurer, Peter Del Vecho. Anbieter: Disney+.
Altersempfehlung 6-9 Jahre
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