Wolfwalkers
Auf Apple TV+: Renn’ mit den Wölfen! Der eindrucksvolle Animationsfilm verknüpft Coming-of-Age, Märchen, Geschichte, Kunst und aktuelle Themen.
Die Wölfe sind los. Rund um die irische Stadt Kilkenny fürchten die Bauern die wilden Biester, die gelegentlich ihren Wald verlassen. Sogar aus England hat der Lordprotektor, der Irland in den vergangenen Jahren gewaltsam zurückerobert hat, Jäger kommen lassen, um die Wölfe zu töten und die Plage zu beenden. Diese Jäger leben nun unter der irischen Bevölkerung und sind dort ebenso unbeliebt wie die Wölfe. Besonders Robyn bekommt dies zu spüren. Während ihr Vater seiner Arbeit nachgeht, muss das Mädchen sich um den Haushalt kümmern, muss putzen und aufräumen, obwohl es doch selbst viel lieber zur Armbrust greifen und ein Abenteuer erleben würde.
Ein historisches Setting – und wieder steht ein junges Kind im Mittelpunkt. Spielte die Handlung von Tomm Moores beeindruckendem Debütfilm „Das Geheimnis von Kells‟ (2009) vor dem Hintergrund der Raubzüge der Wikinger im 9. Jahrhundert und der Entstehung des prächtig illustrierten christlichen Buchs von Kells, so wendet er sich in seinem neuesten Werk einer weiteren Epoche der irischen Geschichte zu: „Wolfwalkers‟ setzt im Jahr 1650 inmitten der irischen Konföderationskriege ein. Das klingt nach großem Ballast, und doch gelingt es Moore und seinem Ko-Regisseur Ross Stewart, der bereits bei Moores vorherigen Filmen maßgeblich für den außergewöhnlichen Look verantwortlich war, über die junge Protagonistin und einen märchenhaften Beginn jegliche Hürden zu überwinden. Durch ihren Charme, ihre rebellische Ader und ihr Selbstbewusstsein nimmt Robyn sofort für sich ein und ist eine Figur, der man gerne durch ihre Welt folgt.
Anstelle einer geschichtlichen Einordnung steht also das Abenteuer, das bald seinen Lauf nimmt. Gegen den Willen ihres Vaters folgt Robyn diesem eines Tages in den nahegelegenen Wald und wird dort sogleich – versehentlich – von einem jungen Wolf gebissen. Oder besser: Von einem jener legendären Wolfwalker, von Menschen, die ihren Geist in den Körper eines Wolfs verwandeln können, während sie selbst tief schlafen. Auch die junge Mebh hat diese Gabe. Seitdem ihre Mutter nicht mehr aus ihrem Schlaf erwacht ist, lebt sie bei dem Wolfsrudel im Wald und ist zu dessen Anführerin geworden. Zwischen den beiden Mädchen, die auf ihre Art ganz wild sind, entsteht eine besondere Bindung – schon deshalb, weil Mebhs Biss dazu führt, dass sich von nun an auch Robyn in einen Wolfwalker verwandeln wird und damit noch mehr zwischen die Fronten gerät. Auf der einen Seite stehen die Menschen, die nach der Ausrottung der Wölfe deren Wälder abholzen und in neues Ackerland umwandeln wollen, auf der anderen die Tiere und die Gestaltwandlerinnen, die um ihren Lebensraum und ihre Freiheit kämpfen.
Mit nur drei Filmen hat Tomm Moore in Zusammenarbeit mit Ross Stewart einen eigenen Stil entwickelt. Korrekte Perspektiven vernachlässigen sie nun auch in „Wolfwalkers‟ ganz nach dem Muster irischer Holzschnitte aus dem 17. Jahrhundert, die ästhetisch Pate standen für den Look des Films, zugunsten flächiger Darstellungen, die wie in „Das Geheimnis von Kells‟ und „Das Lied des Meeres‟ (2014) ein Spiel mit Formen und Mustern zulassen und korrekte Perpsektiven bewusst ignorieren. So bestimmen die aus der irischen Mythologie entlehnten Spiralen und Verzierungen die detailreich gezeichneten Bilder, die durch manch sanfte, skizzenhafte Striche aber auch dynamisch wirken.
Trotz dieses anspruchsvollen Konzepts wirkt „Wolfwalkers‟ nicht künstlich. Er öffnet vielmehr ein Tor zu einer aufregenden magischen Welt und einer Geschichte, die viele universelle und manch aktuelle Themen streift: „Wolfwalkers‟ ist ebenso Märchen wie Historienfilm (mit augenzwinkernden Freiheiten, was etwa das Ende des von Oliver Cromwell inspirierten Lordprotektors angeht), eine lebendige Kunstgeschichtestunde, eine Coming-of-Age-Geschichte über ein Mädchen, das eine neue Identität findet und lernt, sich von seinem Vater zu emanzipieren, eine Feier der Freiheit und eine Mahnung, die Natur zu schützen. Kurzum: Er ist großartig. Und es wäre noch großartiger, wenn es die Möglichkeit gäbe, ihn so zu sehen, wie man ihn sehen sollte: auf einer großen Leinwand.
Stefan Stiletto
Wolfwalkers - Irland, Luxemburg 2020, Regie: Tomm Moore, Ross Stewart, Homevideostart: 11.12.2020, FSK: keine FSK-Prüfung, Empfehlung: ab 8 Jahren, Laufzeit: 106 Min. Buch: Will Collins. Musik: Bruno Coulais, Kila. Schnitt: Darragh Byrne, Darren T. Holmes. Produktion: Cartoon Saloon, Melusine. Anbieter: Apple TV+
Altersempfehlung 6-9 Jahre
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