Monos – Zwischen Himmel und Hölle
Nach und nach zerbricht die Gemeinschaft acht jugendlicher Guerillakämpfer*innen in diesem rauen, atmosphärischen Drama.
William Goldings Parabel „Herr der Fliegen“ von 1954, in der eine Gruppe britischer Jungen auf einer einsamen Insel strandet und schrittweise ihr zivilisiertes Verhalten aufgibt, beeinflusste über die Jahre unzählige Abenteuerfilme. Inspirieren ließ sich offenkundig auch der in Brasilien geborene Regisseur und Drehbuchautor Alejandro Landes, der die Grundideen des Klassikerstoffs mit „Monos – Zwischen Himmel und Hölle“ in die Bergwelt und den Dschungel Südamerikas verpflanzt.
In einer nicht näher bestimmten Hochlandregion hausen acht Teenager*innen, die einer ebenfalls vage bleibenden Untergrundvereinigung angehören, und halten in ihrem kargen Versteck eine US-Geisel gefangen. Gelegentlich schaut ein Aufseher vorbei, um Befehle zu erteilen und das militärische Training der kleinen Gruppe zu überwachen. Irgendwann sind die Mädchen und Jungen allerdings gezwungen, ihre Stellung aufzugeben und einen neuen Rückzugsort tief unten im Regenwald zu suchen.
Ganz bewusst blendet Alejandro Landes die Hintergründe des angedeuteten Untergrundkrieges aus. „Monos“ konzentriert sich einzig und allein auf den direkten Überlebenskampf der Jugendlichen, ihre eigenartigen, sexuell aufgeladenen Rituale, ihre Abwendung von der übergeordneten Organisation und das langsame Auseinanderbrechen der Gemeinschaft. Obwohl der Film auf explizite psychologische Erklärungen verzichtet, gibt es diverse eindringliche Momente, die dem Publikum vor Augen führen, welche Folgen das Aufwachsen in einer gewalterfüllten Umgebung hat. Eine mitreißende Wucht entwickelt das ungeschönte Guerilla-Drama nicht nur dank der starken Leistungen seiner Jungdarsteller*innen. Enorme Kraft geht auch von den atmosphärischen, mitunter mythisch wirkenden Landschaftsbildern aus, die den archaisch-rauen Ton der Geschichte unterstreichen und verstärken. Vor allem beim Abtauchen in die stickige Dschungelwelt fühlt man sich ein ums andere Mal an Werner Herzogs surreal-fiebrige Urwaldodyssee „Aguirre, der Zorn Gottes“ (1972) erinnert.
Christopher Diekhaus
Monos - Kolumbien, Argentinien, Niederlande, Dänemark, Schweden, Deutschland, Uruguay 2019, Regie: Alejandro Landes, Kinostart: 04.06.2020, FSK: ab 16, Empfehlung: ab 16 Jahren, Laufzeit: 102 Min. Buch: Alejandro Landes und Alexis Dos Santos. Kamera: Jasper Wolf. Musik: Mica Levi. Schnitt: Yorgos Mavropsaridis, Ted Guard und Santiago Otheguy. Produktion: Alejandro Landes, Cristina Landes, Santiago Zapata und Fernando Epstein. Verleih: DCM Filmdistribution. Darsteller*innen: Sofía Buenaventura (Rambo), Julián Giraldo (Lobo), Karen Quintero (Lady), Moises Arías (Patagrande), Julianne Nicholson (Doctora) u. a.


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