How To Have Sex
Ein ausgelassener Urlaub in Griechenland. Alles ist möglich. Vieles läuft nicht so, wie erwartet.
Was braucht man nach einem Schuljahr mit anstrengenden Prüfungen? Für die sechzehnjährige Tara ist die Antwort klar: Sommer, Sonne, Strand. Mit ihren Freundinnen fliegt sie nach Kreta – genauer gesagt nach Malia, einen Badeort, der das Partymekka britischer Jugendlicher ist. In Scharen bevölkern sie den Ort – durstig nach Alkohol, Spaß und Sex. Die junge Filmemacherin Molly Manning Walker weiß genau, wovon sie erzählt. In ihrem Debütfilm „How To Have Sex“ zeigt sie meisterhaft, wie jugendliche Sehnsüchte gepaart mit Enthemmtheit eine kaum zu stoppende Dynamik entwickeln können. In Cannes wurde der Film in der Sektion „Un Certain Regard“ dafür mit dem Hauptpreis ausgezeichnet.
Tara, Skye und Em sind voller Vorfreude auf einen unvergesslichen Urlaub. Über ihnen schwebt die Frage, ob sich ihre Wege nach diesem Sommer trennen werden, denn je nachdem, wie die Ergebnisse ihrer GCSE-Prüfungen (dem britischen Äquivalent zur Mittleren Reife) ausfallen, endet die schulische Laufbahn für sie oder geht weiter. Tara ist unsicher, ob sie bestanden hat. Und noch etwas beschäftigt sie: Wird sie in diesem Urlaub endlich das erste Mal Sex haben? Die schon erfahrene Skye und die queere Em sind bereit, alles dafür zu tun, dass es bei der Freundin klappt. Schnell bandelt man mit den Urlauber*innen vom Balkon gegenüber an. Die Jungs Badger und Paddy sind gut gebaut und flirtbereit, ihre Freundin Paige weckt wiederum das Interesse von Em. Da ist doch für jede*n was dabei. Tara ist bereit, sich einzulassen. Nur wer ist der Richtige für sie? Und will sie eigentlich wirklich mit einem der Jungs im Bett landen oder sind es nur Euphorie, Alkohol und der Gruppendruck, die sie dazu antreiben, weiterzumachen?
Wenn eine von ihnen jemanden abschleppt, kriegt sie das große Bett im Ferienapartment – darin sind sich die drei Freundinnen einig. Auch sonst wissen sie sich mit knapper Kleidung und Makeup in Szene zu setzen, um „hot“ auszusehen, reißen coole Witze und sind am Start, wenn Animateure zu anzüglichen Spielchen ermuntern. Welche Unsicherheit und Sehnsucht nach anderem als (nur) Körperlichkeit in ihnen schlummert, darüber wird geschwiegen. Oder es fehlen die Worte und der Mut zu kommunizieren, wie man sich wirklich fühlt. Schließlich will man die Partylaune nicht verderben.
Molly Manning Walker, die Kamera studierte, bevor sie anfing, eigene Filme zu schreiben und inszenieren, versteht es eindrucksvoll, diesen Zwiespalt zwischen coolem Auftritt und der inneren Befindlichkeit zu zeigen. Em zieht sich still und heimlich in ein kuschelndes Miteinander mit ihrem Love Interest zurück. Skye kanalisiert ihre Unzufriedenheit darüber, dass bei ihr wider Erwarten nichts läuft, in aggressives Pushen von Tara Richtung Sex und achtet dabei genau darauf, dass Tara nicht dem netten Badger zu nahe kommt, auf den sie selbst ein Auge geworfen hat. Tara macht alles mit – sie will schließlich mithalten können. So hat sie zum ersten Mal Sex – auch wenn dieser nicht einvernehmlich ist. Mit kleinen Gesten und Änderungen in ihrem Blick zeigt Mia McKenna-Bruce als Tara, wie sie realisiert, dass dies nicht okay war, und wie unglaublich allein sie sich fühlt. Die Freundinnen merken nicht (oder wollen nicht merken), dass mit ihr etwas nicht stimmt. Tara selbst schafft es nicht, darüber zu sprechen.
Manning Walker, die mit 16 selbst einen sexuellen Übergriff erlebt hat, begegnet ihren Figuren absolut verständnisvoll und auf Augenhöhe. Weder verurteilt sie sie, noch drängt sie sie dazu, sofort zu Konsequenzen und einem hollywood-esken Empowerment in der Lage zu sein. Und sie weigert sich auch, Tara nur als Opfer zu zeigen, schenkt ihr weiterhin warme Begegnungen und Momente des Spaßes. Genau darin liegt die Kraft und Wahrhaftigkeit von „How To Have Sex“: Mit 16 zu erkennen, wo die eigenen Grenzen sind, ist ein Riesenschritt. Umso mehr freut man sich mit Tara, wenn sie sich auf den Weg macht, toxische Bindungen zu lösen und das Schweigen zu durchbrechen.
Kirsten Loose
How To Have Sex - Großbritannien, Griechenland 2023, Regie: Molly Manning Walker, Kinostart: 07.12.2023, FSK: ab 12, Empfehlung: ab 14 Jahren, Laufzeit: 91 Min. Buch: Molly Manning Walker. Kamera: Nicolas Canniccioni. Musik: James Jacob. Schnitt: Fin Oates. Produktion: Heretic, Wild Swim Films, U-Media. Verleih: Capelight. Darsteller*innen: Mia McKenna-Bruce (Tara), Shaun Thomas (Badger), Lara Peake (Skye), Enva Lewis (Em), Samuel Bottomley (Paddy), Laura Ambler (Paige) u. a.
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