Close
Im Kino: Wie viel Nähe ist in Ordnung zwischen zwei Freunden?
Neues Schuljahr, neue Schule. Immerhin ist Léo noch immer mit Rémi in derselben Klasse. Dann wird Léo eine Frage gestellt, die alles verändert und alle Sicherheiten brüchig werden lässt: „Seid ihr eigentlich zusammen?“, will ein Mädchen wissen. Léo verneint dies. Aber er bekommt sie nicht mehr aus seinem Kopf.
Léo und Rémi sind tatsächlich beste Freunde und fühlen sich wie Brüder. Ganz selbstverständlich lehnen sie sich aneinander. Léo wohnt teilweise sogar bei Rémi, wo sie dann nah beieinander schlafen. Wenn es zwei Menschen gibt, die auf einer Wellenlänge sind, dann sind es diese beiden 13-jährigen Jungen. Ein Problem? Nicht für Léo und Rémi. Weil es einfach so ist, wie es ist. Und weil es sehr, sehr schön so ist. Erst die Hintergedanken bringen diese innige Freundschaft ins Wanken. Ist Léo in Rémi verliebt? Will er mit ihm zusammen sein? Léo findet diese Fragen beunruhigend und entscheidet sich deshalb, auf Distanz zu gehen. Die Intimität wird ihm unheimlich – ob nur deswegen, weil er sich plötzlich von anderen beobachtet fühlt, oder weil er selbst nicht so recht weiß, was Sache ist, lässt der mit großer Einfühlsamkeit inszenierte Film von Lukas Dhont („Girl“, 2018) offen.
Für Rémi ist die plötzliche Ablehnung seines Freunds eine Katastrophe. Rémi ist ohnehin sehr empfindlich, nun versteht er die Welt nicht mehr. Léo hingegen wendet sich bewusst anderen Klassenkameraden zu und beginnt, Eishockey zu spielen – sein Körper verschanzt unter einem dicken Anzug, der die Welt an sich abprallen lässt, sein Gesicht versteckt hinter einem Gitter, das ihn die Welt wie aus einem Gefängnis sehen lässt. Zu Verletzungen, körperlichen wie seelischen, kommt es dennoch gleich mehrfach in der Folge.
Stärke und Schwäche verbindet Lukus Dhont in seinem Film, Ruhe und Bewegung, großes Glück und tiefe Trauer. Aus einem kleinen Moment lässt der Film ein großes Drama entstehen und bleibt dabei doch ganz nah bei Léo und Rémi. Aus nächster Nähe sind die beiden Jungen oft zu sehen. Aber die Bilder wirken nicht unangenehm oder aufdringlich, sondern sehr echt und lassen die Vertrautheit der beiden spüren. Überhaupt ist es bemerkenswert, wie viele Gefühle hier zugelassen und ausgedrückt werden dürfen, von den jungen Jugendlichen bis hin zu Erwachsenen, ganz unabhängig von irgendwelchen Geschlechterklischees.
Ob es nun um ein Coming-out geht, spielt im Grunde keine Rolle, auch wenn Lukas Dhont mit der Geschichte auf eigene Erfahrungen und Gefühle zurückgreift. Schon zu Beginn entgegnet Léo, dass die Mädchen doch auch immer nah zusammen seien. Warum also soll ein ähnliches Verhalten bei Jungen gleich auf eine Liebesbeziehung hinweisen? Ohne viele Worte zu verlieren, stellt „Close“ damit Rollenbilder zur Diskussion. Ein durch und durch starker Film, der auch mit seinen Bildern von Anfang an in den Bann zieht, wenn Léo und Rémi durch Felder voller blühender Blumen rennen und die Kamera ihnen auf gleicher Höhe über eine lange Strecke folgt. Poesie, Körperlichkeit, Bewegung – all das fängt der Film ein.
Stefan Stiletto
Close - Belgien, Frankreich, Niederlande 2022, Regie: Lukas Dhont, Kinostart: 26.01.2023, FSK: ab 12, Empfehlung: ab 13 Jahren, Laufzeit: 105 Min. Buch: Lukas Dhont, Angelo Tijssens. Kamera: Frank van den Eeden. Musik: Valentin Hadjadj. Schnitt: Alain Dessauvage. Produzenten: Michiel Dhont, Dirk Impens. Produktion: Menuet, Diaphana, Topkapi Films, Versus Production. Verleih: Pandora. Darsteller*innen: Léo (Eden Dambrine), Rémi (Gustav de Waele), Sophie (Émilie Dequenne), Nathalie (Léa Drucker), Peter (Kevin Janssens) u. a.



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