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Martin und das Geheimnis des Waldes

In der KiKA-Mediathek: Natur? Langweilig! Zumindest so lange, bis Martin eine Fee und kleine Waldgeister entdeckt.

Schon vom ersten Moment an hat Martin die Nase gestrichen voll. Während die anderen Kinder aufgekratzt sind und sich bereits auf dem Bahnhof auf die bevorstehenden Tage im Waldsommercamp freuen, bekniet der Elfjährige seine Mutter inständig, ihn bloß nicht dieser „Tortur“ gruppentauglicher Freizeitspiele mit vorprogrammierter Kameradschaft, Lagerfeuer, Gitarre und Feldküche auszuliefern. Doch seine Mutter bleibt standfest, und so verschanzt sich Martin arrogant, aber sichtlich verunsichert hinter seiner Sonnenbrille. Schnell macht ihn dies zur Angriffsfläche für die übrigen Kinder, die ihn als „Weichei“ hänseln und ausgrenzen. Entsprechend viel hat Martin mit seiner ständigen Abwehrhaltung zu tun, sodass er zunächst etwas Magisches übersieht: Die Natur um ihn herum lebt! Kleine Grasbüschel mit runden Augen und spitzen Zähnen, Tannenzapfen, knorrige Äste und Wurzeln, allesamt mit winzigen Gesichtern, kämpfen um Martins Aufmerksamkeit. Weit früher als Martin ahnt man als Zuschauer*in, dass die Wesen um Hilfe rufen, denn ihr Wald ist in Gefahr. Ein Bauunternehmen nimmt rücksichtslos Bohrungen vor und setzt bei seiner Suche nach kostbaren Mineralien sogar Gift ein, was das Grundwasser gefährdet und für den Wald den Tod bedeuten kann.

Im Grunde würden die vielen Themen, ereignisreichen Wendungen und stimmungsreichen Atmosphären in „Martin und das Geheimnis des Waldes“ für eine mehrteilige Serie reichen, doch dem gerade mal eineinviertelstündigen Spielfilm bleibt nur wenig Zeit, um alle Elemente unter einen Hut zu bekommen. So geht es viel um Sommerferien-Flair und Abenteuer-Romantik, um Bewährungsproben, Freundschaft, Loyalität und die Konflikte, die daraus entstehen; zugleich geht es um Märchenhaftes und Mythisches, ebenso um ökologische Fragen, Naturschutz und die Gedankenlosigkeit von Menschen, die einen Wald ausschließlich als Wirtschaftsfläche betrachten und ihn lieber opfern, als auf seine Ausbeutung zu verzichten. Förmlich sieht man das Glasmännchen aus dem Hauff-Märchen „Das kalte Herz“ vor dem inneren Auge, wie es verbittert das Wort „Menschen…“ ausspuckt, weil das Leben im Einklang mit der Natur(-Magie) tief gestört ist und der Mensch Verstand und Herz gegen Reichtum und Wohlstand eingetauscht hat.

So geht es am Ende viel um Aufklärung, um Erkenntnisgewinn und die große Hoffnung, dass die junge Generation klüger und einsichtiger handelt als die Erwachsenen: Kinder werden zu Natur- und Umweltretter*innen, die sich so beherzt wie engagiert den Problemen entgegenstellen. „Niemand bringt die Wahrheit besser ans Licht als die Kinder“, sagt einmal anerkennend einer der Camp-Leiter, der sich an Vorschriften und Sonderverfügungen längst die Zähne ausgebissen hat und es nicht schafft, mit wissenschaftlichen Mitteln ein mögliches Gift im Wasser nachzuweisen.

Regisseur Petr Oukropec kommt aus Tschechien, und schon vor zehn Jahren hat er mit „Der blaue Tiger“ (2012) eine sehr ähnliche Geschichte erzählt. Auch damals ging es um Kinder, die sich fragen, ob die Dinge, die man sich ausdenkt, Wirklichkeit werden können. Und wie damals die neunjährige Johanna gibt es jetzt das ähnlich verträumte Mädchen Füchslein, das die Märchen so sehr liebt, dass diese für sie zur Handlungsanweisung für ein besseres, umweltbewussteres Leben werden. Auch erinnert Füchslein dabei ein wenig an die leicht verpeilte, aber doch sehr konsequent handelnde Luna Lovegood bei „Harry Potter“, wenn sie den anfangs skeptischen und störrischen Martin an die Hand nimmt und ihn darin bestärkt, dass Märchen einen wahren Kern haben und die Alltagswelt bereichern können. Zwar nimmt auch Martin die magischen Waldwesen schon früh wahr, lange Zeit aber empfindet er sie als nervend. Damit es ihm im Waldlager besser geht und er gegenüber den anderen Kindern Erfolge nachweisen kann, nutzt er sie egoistisch für seine eigenen Belange, bis er selbstlos die im wahren Wortsinn „wunderbare“ Schnittmenge seiner inneren Konflikte und der Gefahren für die Natur erkennt.

Immer dann, wenn der reale Handlungsverlauf von mal putzigen, mal poetischen Trickanimationen durchbrochen wird, findet der Film zu seiner eigentlichen Stärke und knüpft an jene charmante Erzähltradition an, die man aus früheren Klassikern des tschechischen Kinderfilms kennt, etwa von Václav Vorlíček (u.a. „Drei Nüsse für Aschenbrödel“, 1973). Zwar ist die „reale“ Handlung voller Themen, die für Kinder relevant sind, oft aber werden sie verkürzt, wirken holzschnittartig und nicht immer glaubwürdig. Durchweg sympathisch aber ist, wie der Film die beschriebene Alltagswirklichkeit jederzeit mit seinem leidenschaftlichen Faible für Fantasie aushebelt, um klarzumachen, dass diese Fantasie unbedingt dazu gehört, wenn man für seine Lebenswelt kämpft.

Horst Peter Koll

© KiKA/BFILM.cz
8+
Spielfilm

Mazel a tajemství lesa - Tschechien, Slowakei, Deutschland 2021, Regie: Petr Oukropec, Homevideostart: 05.06.2022, FSK: ab , Empfehlung: ab 8 Jahren, Laufzeit: 74 Min. Buch: Kateřina Kačerovská. Kamera: Lukáš Teren. Musik: André Feldhaus, Carsten Rocker. Schnitt: Dana Klempírová. Produktion: Bfilm/Leitwolf Filmprod./Negativ Film. Verleih: offen. Darsteller*innen: Sebastian Pöthe (Martin), Josefina Krycnerová (Füchslein), Ales Petrás (Carlo), Tobiás Rimský, Václav Hubka, Johana Horváthová u. a.

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