Sing – Die Show deines Lebens
Im Kino: Lebe deinen Traum! In diesem gelungenen Animationssequel gilt das auch für Tiere.
Für den kleinen Koala Buster Moon, Leiter einer aus vielen kreativen Tieren zusammengewürfelten Musicaltruppe, ist keine Vision zu groß. Moon, stimmlich ironisch interpretiert von Bastian Pastewka, will sich unbedingt mit seiner Bühnenshow beim Medienmogul Jimmy Crystal bewerben, um in dessen Theater aufzutreten. Obwohl Crystals Agentin sie abgelehnt hatte, reisen Moon und seine Truppe in die Hauptstadt des Varietés nach Redshore City, einem Abziehbild von Las Vegas. Auf ihrer nächtlichen Reise üben sie im Bus ihren Bewerbungsauftritt. Es zeugt von echter Chuzpe, sich mal eben in ein paar Stunden etwas Neues ausdenken, um am folgenden Tag in den Crystal Tower einzudringen und sich ins Casting zu mogeln. Jimmy Crystal, ein weißer Wolf, gefährlich hintergründig gesprochen von Wotan Wilke Möhring, gibt ihnen nur deshalb eine Chance, weil sie versprechen, den lang verschollenen Rockstar Clay Calloway in ihre geplante Show einzubeziehen. Moon hat drei Wochen Zeit, Calloway zu engagieren. Scheitert er, will der Wolf den Koala eigenhändig über die Hochhausbrüstung werfen.
Es kommt nicht oft vor, dass Sequels besser sind als ihre Vorgänger. Schon Garth Jennings erster „Sing“ Film aus dem Jahr 2016 war spaßige Unterhaltung und stellte all die sympathischen Charaktere vor, die Moon zu einem echten All-Star-Dreamteam zusammengeschweißt hatte, um mit ihnen schließlich sein Moon Theater vor dem Bankrott zu retten. Jetzt wollen sie mehr. Ihre Idee zur Bühnenshow ist einzigartig. Der verlorengegangene Star soll auf vier verschiedenen Planeten gesucht werden, bis er schließlich auf dem letzten Planeten entdeckt wird. Das erinnert ein wenig an den Kleinen Prinzen, der sich auf der Suche nach der Wahrheit ins All begeben muss, um auf verschiedenen Gestirnen schöne und schreckliche Momente zu durchleben.
Die einzelnen Begabungen des Ensembles erzählen auch viel über ihre jeweiligen Charaktere. Gorilla Johnny sieht zwar kräftig und furchterregend in seiner Lederjacke aus, ist aber ein zartbesaiteter empfindlicher Typ, der erst am Klavier sitzend mit seiner warmen Stimme so richtig in Fahrt kommt. Jetzt wird er von einem Ballettmeister drangsaliert, der ihm den Spitzentanz beibringen will, denn Johnny soll in der neuen Show nicht nur singen, sondern auch noch tanzen. Schweinedame Rosita, selbstbewusst gesprochen von Alexandra Maria Lara, ist der heimliche Star der Truppe. Wenn es brenzlig wird, lässt sie ihre unzähligen Ferkel los, um Chaos zu verbreiten. Meena ist als Elefanten-Teenagerin die größte von allen, aber so schüchtern, dass sie kaum den Mund aufmacht. Dabei kann sie am schönsten von allen singen.
So haben alle ihren Platz und ihre Funktion in Moons Ensemble und nie hegt der Impresario den geringsten Zweifel daran, dass sie schließlich ihren großen Traum verwirklichen werden. Seine unverzichtbare Assistentin Miss Crawly, ein hässliches Chamäleon mit der überstrapazierten Stimme von Katharina Thalbach, ist es schließlich, die den alten Calloway ausfindig macht. Allerdings scheitert sie mit ihrer unverblümten Art schmerzlich an dessen tiefer Traurigkeit, die ihn seit dem Tod seiner Frau in die Einsamkeit trieb, weshalb der Altstar Miss Crawly davonjagt. Da müssen schon Buster Moon und die Straßenmusikerin Ash den Weg in die Berge auf sich nehmen, um ihr Glück zu versuchen, während die Truppe im Crystal Tower die Show weiter einübt. Peter Maffay leiht dem alten Sänger-Löwen seine unverwechselbare Stimme. Es ist ein U2-Hit, gesungen von Bono und Scarlett Johansson, der hier als Lead Song durch den Film trägt: „I still haven’t found what I’m looking for“. Den hat Calloway seit dem Tod seiner Frau nicht mehr gesungen, genauso wenig wie all die anderen Lieder seines Repertoires.
Die Choreografie der einzelnen Tanz-, Stepp- und Kampfszenen sind dem echten Leben nachempfunden und daher so wahrhaftig. Unter Einsatz unterschiedlichster berühmter Songs verschmelzen Tanz und Soundtrack zu einem virtuosen Gesamtkunstwerk. Neben U2 reißen Lieder von Billie Eilish, Shawn Mendes, Camila Cabello oder Ed Sheeran mit in die bunte Welt des Amüsements. Da man diese Hits aus dem Radio kennt, sind sie ein verbindendes Element zwischen den Generationen, die gemeinsam mitwippen oder leise mitsingen können. Aber nicht nur der Soundtrack ist altersunabhängig erlebbar, auch die Story beschränkt sich nicht auf ein bestimmtes Publikumssegment: Der unbedingte Wille, seinen Traum zu leben, spricht jedes Alter an.
Regisseur Garth Jennings mag sein intuitives Timing für die perfekte Orchestrierung der Story bei seinen unzähligen Musikvideos erlernt haben, die er beispielsweise für R.E.M. oder Radiohead drehte. Darüber hinaus zeichnet er für die Filme „Der Sohn von Rambow“ (2007) oder „Per Anhalter durch die Galaxis“ (2005) verantwortlich. Mit „Sing 2“ ist ihm wieder ein Hit gelungen. Auch Jennings lebt seine Träume und tut alles dafür, dass sie wahr werden. Ganz so wie sein unerschütterlicher Held Buster Moon.
Katrin Hoffmann
Sing 2 - USA 2021, Regie: Garth Jennings, Kinostart: 20.01.2022, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 8 Jahren, Laufzeit: 110 Min. Buch: Garth Jennings. Musik: Joby Talbot. Schnitt: Gregory Perler. Produzent*innen: Janet Healy, Chris Meledandri. Produktion: Illumination Entertainment. Verleih: Universal. Synchronsprecher*innen: Bastian Pastewka (Buster Moon), Wotan Wilke Möhring (Jimmy Crystal), Katharina Thalbach (Miss Crawley), Stefanie Kloß (Ash), Alexandra Maria Lara (Rosita), Peter Maffay (Clay Calloway) u. a.
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