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Eva & Adam

Höhen und Tiefen der ersten großen Liebe, sensibel und nachvollziehbar inszeniert.

„Das ist so ein Teenager-Ding“, schätzt Adams Vater die Verzweiflung seines Sohnes ein. Dieses „Teenager-Ding“ bestimmt gerade Adams Gemütsverfassung, denn es geht um die erste Liebe seines Lebens und damit aus seiner Sicht um alles!

Adams Verzweiflung ist groß, als es nach den ersten Annäherungen zwischen Eva und ihm zu einem tragischen Missverständnis kommt. Dabei hatte in der neuen Stadt entgegen seiner Erwartungen alles so gut angefangen. Adam war vor kurzem mit seinen Eltern von der Provinz nach Göteborg umgezogen und allein das war schon eine Herausforderung, auf die er lieber verzichtet hätte. Zurück lässt er seine beste Freundin Molly aus Kindheitstagen und nimmt nur eines der beiden Kaninchen mit, die sie zusammen besitzen. Das neue Zuhause und vor allem die neue Klasse erweisen sich dann zum Glück als nicht ganz so schrecklich wie befürchtet, vor allem weil in seine Klasse auch Eva geht, die ihn von Anfang an in den Bann zieht – und umgekehrt.

Als kurzer Exkurs sei hier nebenbei angemerkt, dass „Eva & Adam“ erfreulicherweise einer der wenigen Filme ist, bei dem der Neuzugang in der Klasse einmal nicht gemobbt wird. Denn klassisch im Kinder - oder Jugendfilm ist, dass neue Kinder in der Schule geärgert und auf die Probe gestellt werden. Darauf verzichtet der Film und fokussiert sich stattdessen auf Themen wie erste Liebe, Familien Konstellationen und das Infragestellen tradierter Geschlechterrollen.

Nach den gleichnamigen Büchern von Måns Gahrton und Johan Unenge, die auch das Drehbuch schrieben, hat Regisseurin Caroline Cowan einen unaufgeregten, aber trotzdem spannenden Film gedreht, der sich mit den Unwägbarkeiten jugendlicher Befindlichkeiten in der Pubertät mit all seinen großen und kleinen Dramen auseinandersetzt. Eva und ihre beste Freundin Annika sind militante Tierschützerinnen, die in einer Zoohandlung Käfige und Aquarien mit Post-It Zetteln wie „Lasst mich raus“ oder „Ich bin ein Gefangener“ übersäen, um diese Aktion später auf ihrem Tierschutz-Blog zu posten. Das heißt für Adam natürlich, dass er sein Kaninchen in Käfighaltung vor Eva am besten geheimhalten sollte. Eva wiederum hat in Bezug auf Adam ein größeres Problem. Da Annikas Vater im Begriff ist, die Familie zu verlassen, schwört Annika Eva darauf ein, das männliche Geschlecht ganz grundsätzlich abzulehnen und keine Jungs jemals wieder auch nur anzusehen. Eva willigt in diesen Pakt ein, aber nur um ihrer Freundin in der Trauer um die bevorstehende Scheidung der Eltern zur Seite zu stehen. Wohl ist ihr nicht dabei.

Es sind also gewaltige Hürden, die sich vor Adam und Eva auftun und die es zu überwinden gilt. In Parallelmontagen lernen wir zunächst ihr jeweiliges Zuhause kennen. Die etwas chaotische und lustige Familie Evas, mit großem und kleinen Bruder und Fastfood auf dem Tisch, für Eva selbstverständlich „ohne Tiere“ im Essen. Mehr umsorgt von den Eltern wirkt da das Einzelkind Adam, auf den sich Vater und Mutter ganz allein konzentrieren und die am Küchentisch gern wissen wollen, was ihn bewegt. Diese visuelle Verknüpfung der beiden Familien stellt ganz unaufdringlich eine emotionale Verbindung zwischen Adam und Eva her, als würden die beiden nur darauf warten, endlich zusammenzufinden. Es ist Eva, die schließlich die Initiative ergreift und Adam zu einem geheimen Fußballtraining einlädt. Im Gegensatz zu Eva, die in einem Fußballclub ist, kann Adam kein Fußball spielen – und auch nicht Skateboardfahren wie sein neuer Schulfreund Alexander. Er ist einfach nicht der sportliche Typ, sondern eher derjenige, der ein Kaninchen umsorgt und mit einem Stöckchen Bilder in den Kies malt.

Ganz subtil wird hier ein umgekehrtes Bild der Geschlechter miterzählt, das typische Rollenklischees aushebelt. Als Adam friert, reicht Eva ihm ihren Sweater, eine Geste, die sonst meist umgekehrt vorkommt. Auf der Elternebene gibt es neben den beiden intakten Ehen die zerstrittenen Eltern von Annika und die getrennt lebenden von Alexander. Es sind Familienentwürfe, die beinah alles abdecken, was Kindern heute widerfährt und womit sie zurechtkommen müssen.

Mit häufigen Großaufnahmen kommen wir den Emotionen der Figuren sehr nahe. Das funktioniert aber nur darum so gut, weil alle jungen Darsteller*innen ihre Rollen außerordentlich gut spielen – auch die heftigsten Emotionen, lediglich dezent untermalt von einem zurückgenommenen Soundtrack, der sich nie in den Vordergrund drängt. Ein großartiger Film für Teenager, der zeigt, dass einfach alles möglich ist, denn auch große Missverständnisse können mit Courage aus dem Weg geräumt werden. Die Kinderjury der Nordischen Filmtage Lübeck ehrte „Eva & Adam“ mit dem Hauptpreis.

Katrin Hoffmann

Diese Kritik erschien anlässlich der Aufführung des Films bei den Nordischen Filmtagen 2021.

 

© der Filmverleih, Niklas Maupoix
12+
Spielfilm

Eva & Adam - Schweden 2021, Regie: Caroline Cowan, Festivalstart: 03.11.2021, Kinostart: 20.07.2023, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 12 Jahren, Laufzeit: 82 Min. Buch: Måns Gahrton, Johan Unenge, nach ihrer gleichnamigen Romanreihe. Kamera: Carl Nilson. Musik: Martin Willert. Schnitt: Joakim Tessert-Ekström. Produktion: Filmlance International AB. Verleih: Der Filmverleih. Darsteller*innen: Sonja Holm (Eva), Olle Cardell (Adam), Stella Marcimain Klintberg (Annika), Melina Lindskog Pascalidou (Molly), Lukas Wetterberg (Alexander) u. a.

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