Hilfe, ich hab meine Freunde geschrumpft
Im Kino: Es darf wieder geschrumpft werden! Doch im dritten Teil der Filmreihe kommt keine rechte Stimmung auf.
Das Otto-Leonhard-Gymnasium kommt nicht zur Ruhe. Das liegt zum Teil an den Schüler*innen selbst, die seit ihrem ersten Schrumpf-Abenteuer „Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft“ (Sven Unterwaldt, 2015) sichtlich älter geworden sind und nun ganz neue Interessen haben. So ist Ella unübersehbar in Felix verliebt, der dies dennoch nicht bemerkt – oder nicht bemerken will, weil er sich gerade für die neue Schülerin Melanie begeistert. Ella reagiert eifersüchtig, aber auch misstrauisch: Stehen Melanies plötzliches Auftauchen und ihr verdächtiges Verhalten etwa in Zusammenhang mit der Rückkehr von Hulda Stechbarth?
Die uralte Widersacherin von Schulgründer Otto Leonhard wurde wegen ihrer Machenschaften in der ersten Fortsetzung „Hilfe, ich hab meine Eltern geschrumpft“ (Tim Trageser, 2017) zwangsversetzt, jetzt taucht sie, im Rollstuhl sitzend, wieder auf und will in der Schulbibliothek nachforschen, wie sie ihren körperlichen Verfall aufhalten kann. Direktorin Frau Dr. Schmitt-Gössenwein verweigert ihr dies jedoch standhaft. Mit weitreichenden Folgen: Um unsterblich und zugleich die neue Schulleiterin zu werden, ersinnt Hulda Stechbarth eine fiese Intrige, die allein der 140 Jahre alte Geist von Otto Leonhard durchschaut. Und um seine Sammlung, aber auch die gesamte Schule zu beschützen, weiht er Felix in die magische Kunst des Schrumpfens ein.
Eigentlich gäbe es also genug (Konflikt-)Stoff, um die Abenteuer von Felix und seinen Freund*innen unterhaltsam und spannend weiterzuerzählen: Es geht ums erste Verliebtsein, darum, dass man vor Liebe blind sein kann, aber auch um Freundschaft und das Vertrauen, das man in gute Freund*innen setzt. Doch der Film kommt von Beginn an nicht in die Hufe. Irgendwie geht es ihm so wie Felix, der immer ratloser und verwirrter wird, immer mehr Fehler macht und schließlich seine Freundschaft zu Ella, Michi, Lukas und den anderen aufs Spiel setzt, als er sie unbedachterweise schrumpfen lässt. In größter Not mahnt Leonhard, Felix habe doch wohl nicht auch seine Fantasie schrumpfen lassen, was der schlaue Geist wohl eher dem Film vorwerfen müsste. Denn der torkelt von einer ungeschickten Drehbuchwendung zur nächsten, ohne wirklich komisch, lustig oder fantasiereich zu sein – oder gar glaubwürdig.
Die Handlung verlagert sich dank einer Klassenfahrt in eine verstaubte Jugendherberge, die zufälligerweise in Otto Leonhards Geburtsort liegt. Dies wird zum Anlass für etliche ähnlich verstaubte Grusel- und Komikeffekte – was durchaus in Ordnung ginge, hätte man dabei nur mehr Sorgfalt walten lassen und sich mehr Zeit für Atmosphäre und Stimmungen genommen. Vor allem aber auch für Felix, Ella und die anderen: Sie sollen jetzt 15 Jahre alt sein, werden jedoch von Schauspieler*innen verkörpert, die allesamt mindestens zwei oder gar drei Jahre älter sind. Allein schon äußerlich eignen sie sich damit kaum als Identifikationsfiguren für ein jüngeres Publikum, an das sich der Film eigentlich richtet. So aber können sich Zehn- bis Zwölfjährige nur halbherzig an der oft kindischen, nicht aber wirklich kindgerechten Handlung erfreuen, allenfalls noch an den dumpfbackig gezeichneten Erwachsenen, die entweder albern daherkommen oder lustvoll überzeichnet sind wie das „Schreckgespenst“ Hulda Stechbarth.
Hinzu gibt es noch einige recht drastische Effekte, etwa ein mörderisches Kreiselspiel, das die geschrumpften Jugendlichen in Fetzen zu reißen droht. Zauberhaft ist das trotz etlicher Harry-Potter-Anleihen wahrlich nicht. Vieles andere wiederum gerät so lieblos, umständlich und ungelenk wie die alten Pennäler-Komödien, von denen man dachte, dass sie längst im Giftschrank der deutschen Filmgeschichte eingesperrt seien.
Horst Peter Koll
Hilfe, ich hab meine Freunde geschrumpft - Deutschland, Österreich, Italien 2021, Regie: Granz Henman, Kinostart: 02.09.2021, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 10 Jahren, Laufzeit: 97 Min. Buch: Gerrit Hermans, nach Motiven eines Kinderromans von Sabine Ludwig. Kamera: Marcus Kanter. Musik: Anne-Kathrin Dern. Schnitt: Ingo Recker. Produktion: blue eyes Fiction/Karibufilm/Filmvergnuegen/Mini-Film/Potemkino/ARRI Media/WS Filmprod. Verleih: DCM. Darsteller*innen: Oskar Keymer (Felix Vorndran), Lina Hüesker (Ella Borsig), Anja Kling (Frau Dr. Schmitt-Gössenwein), Lorna zu Solms (Melanie), Andrea Sawatzki (Hulda Stechbarth), Axel Stein (Peter Vorndran), Otto Waalkes (Stimme Otto Leonhard) u. a.
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