Nachtwald
Im Kino: Ein spannendes Abenteuer in der Wildnis.
„Nachtwald“ ist das Spielfilmdebüt des renommierten Dokumentarfilmers André Hörmann. Mit seinen beiden Filmen über den Farmerjungen Crowley aus Colorado, die er für die Doku-Reihe „stark!“ produziert hat, oder dem langen Dokumentarfilm „Ringside“ über zwei Jugendliche aus der Southside von Chicago, die Profiboxer werden und damit ihren prekären Verhältnissen entfliehen möchten, war er schon in den vergangenen Jahren des Öfteren beim Kinder Medien Festival Goldener Spatz vertreten, wo nun auch seiner neuer Film seine Premiere feierte. Für seine Arbeiten findet Hörmann immer ganz besondere junge Protagonist*innen, die ungewöhnliche Geschichten zu erzählen haben und zu denen der Filmemacher eine intensive Nähe entwickelt. Das beweist er auch in seinem fiktionalen Debüt, für das er – zusammen mit Katrin Milhahn – das Drehbuch entwickelt hat.
„Nachtwald“ erzählt die Geschichte des zwölfjährigen Paul, der sich zusammen mit seinem Freund Max auf die Suche nach seinem Vater und damit nach einer noch unentdeckten Höhle begibt. Pauls Vater Thomas ist ein Forscher, ein Träumer und Mutmacher. „Du kannst alles erreichen, was du willst, weil du eigentlich auch ein Stern bist“, sagt er zu seinem Sohn an einem gemeinsamen Abend, an dem beide den Sternenhimmel bewundern. Aber Thomas ist auch ein „Psycho“, ein Freak. Zumindest glauben das alle in dem kleinen Ort in der Schwäbischen Alb, in dem die Familie lebt. Und tatsächlich ist er unberechenbar, manchmal tottraurig, dann wieder überglücklich und manchmal total zerstreut. So geht er eines Tages im Bademantel zu einer wichtigen Sitzung ins Rathaus, wo er den Gemeinderat über seine Entdeckung informieren will. Er hat nämlich eine alte Sage aus der Gegend entschlüsselt und dabei herausgefunden, dass inmitten des Ursulenbergs eine Höhle existiert. Die größte unentdeckte Höhle Deutschlands, in der zudem noch die Überreste eines Höhlenklosters erhalten sind! Doch die Ratsmitglieder können den verwirrt scheinenden Mann nicht ernst nehmen. Kurz darauf ist dieser verschwunden. Nach einem Jahr glaubt niemand im Ort mehr an seine Rückkehr. Selbst Pauls Mutter denkt, dass sich ihr Mann das Leben genommen hat. Doch Paul will dies nicht wahrhaben.
Als der Freund seiner Mutter bei ihnen einziehen soll, packt Paul kurzerhand seinen Rucksack und haut ab. Zusammen mit seinem besten Freund, dem ungelenken Fleischersohn Max, begibt er sich in die Berge, um zu beweisen, dass die Ursulenhöhle wirklich existiert. Und so beginnt für die beiden eine abenteuerliche Wanderung, die die Jungen oft bis an ihre physischen Grenzen bringt und ihre Freundschaft zu einem festen Bund wachsen lässt.
Für sein Buddy-Movie hat André Hörmann zwei tolle Kinderdarsteller gefunden – Levi Eisenblätter, der bereits für Filme wie „Deutschstunde“ vor der Kamera gestanden hat, in der Rolle des Paul und den bereits aus „Mission Ulja Funk“ bekannten Jonas Oeßel in der Rolle des Max. Sie spielen die beiden Außenseiter als vielschichtige, gleichwohl verletzliche und starke Persönlichkeiten. Wie sie auf ihrer Wanderung so nach und nach einander von ihren Sorgen und Problemen erzählen, wirkt sehr wahrhaftig. Hier kamen dem Regisseur und Drehbuchautor sicher all die Erfahrungen, die er bei seinen Dokumentarfilmen gesammelt hat, zugute.
Die Abenteuer-Geschichte selbst wirkt dagegen eher konventionell und folgt den bekannten dramaturgischen Strickmustern. Allerdings ist sie professionell inszeniert und lässt es nicht an aufregenden, gefährlichen Situationen mangeln. Diese sind atemberaubend und aufwendig ins Bild gesetzt und beeindrucken genauso wie die überwältigenden stimmungsvollen Landschaftsaufnahmen.
Barbara Felsmann
Nachtwald - Deutschland 2021, Regie: André Hörmann, Festivalstart: 06.06.2021, Kinostart: 24.11.2022, FSK: ab 6, Empfehlung: ab 10 Jahren, Laufzeit: 96 Min. Buch: Katrin Milhahn, André Hörmann. Kamera: Michael Hammon. Musik: Marian Lux. Schnitt: Vincent Assmann. Produktion: Kurhaus Production Film & Medien, SWR, NDR. Verleih: Farbfilm. Darsteller*innen: Levi Eisenblätter (Paul Haller), Jonas Oeßel (Max), Marc Limpach (Thomas), Meike Droste (Sabine), Gábor Biedermann (Polizist) u. a.
Altersempfehlung 10-13 Jahre
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