Clouds
Zach ist todkrank, doch durch die Liebe zur Musik findet er den Mut, im Moment zu leben und dem Tod die Stirn zu bieten
Zach ist zum ersten Mal in seinem Leben höllisch verliebt. Amy heißt die Angebetete, Tänzerin an seiner Schule, die seine Gefühle bald erwidert. Und das, obwohl Zach mit Gehhilfen laufen muss, von den vielen Chemos gerade eine Glatze hat und überhaupt so gar nichts an Zukunft zu bieten hat. Schon lange kämpft der 17-Jährige gegen eine Form des Knochenkrebses, die besonders bei jungen Menschen auftritt. Seine andere große Liebe ist die Musik. Mit seiner besten Freundin und engsten Vertrauten Sammy komponiert er eigene Songs. Auch die Familie unterstützt Zach, wo sie kann. Eine große und glückliche Familie, wäre da nicht der Krebs – und der hat gerade gestreut.
Jugendliche, die Krebs haben, Krankheit und Sterben – diese schwerwiegenden und schwierigen Themen sind schon länger im Jugendfilm angekommen. Nach dem gigantischen Erfolg des Jugendromans „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green und der recht gelungenen gleichnamigen Adaption aus dem Jahr 2014 von Josh Boone fürs Kino gab es einen regelrechten Hype um das Thema. Gelungen sind dabei vor allem jene Erzählungen, die direkt auf die Erfahrungswelt von Jugendlichen zurückgreifen, wie etwa die deutsche Serie „Der Club der roten Bänder“ (2015-2017), die Adaption einer katalanischen Jugendserie. Nun ist es bestimmt nicht einfach, in dieser Thematik die richtige Balance zu treffen und die Krankheit nicht auf eine Hintergrundfolie für ein rührseliges Drama zu reduzieren, sondern interessante neue Einsichten zu gewähren. Diese liegen dabei oft in dem Unerwarteten – denn tatsächlich ist es im wirklichen Leben niemals wie im Kino, wie es so schön heißt. Trauer, Angst und Verzweiflung, diese existenziellen Gefühle stellen sich in aller Regel nicht so vorhersehbar ein, wie in standardisierten Dramaturgien gerne suggeriert wird.
Auch „Clouds“ basiert auf einer wahren Geschichte, Zack Sobiech gab es wirklich. Er landete im Jahr 2012, kurz vor seinem viel zu frühen Tod, einen Riesenerfolg mit dem gleichnamigen Song, den er mit seiner besten Freundin Sammy Brown als Heimproduktion einspielte, der viral ging und über Nacht zum Megahit avancierte, woraufhin ein Major Label Zach und Sammy unter Vertrag nahm. Das Jugenddrama beruht zwar exakt auf der realen Lebensgeschichte, jedoch aus der Perspektive von Zachs Mutter Laura, die über ihre Erfahrung mit dem Tod des Sohnes ein „Memoir“, ein Erinnerungssachbuch schrieb. Vielleicht ist das der Grund, warum hier bei aller Gefühligkeit Zachs Geschichte nie in ein starkes emotionales Fahrwasser gerät. Vielleicht aber auch wird hier zu viel an Gefühlen vorgegeben – und das völlig überraschungsfrei.
Im lobenswerten Ansinnen, diesem kurzen Musikerleben, vor allem aber auch dem Mut und der Lebensfreude Zach Sobiechs ein Denkmal zu setzen, gelingt Regisseur Justin Baldoni („Drei Schritte zu dir‟, 2019) nicht mehr als ein weichgespültes Biopic. Krankheit und Sterben wirken hier tatsächlich wie eine seltsam glattgebügelte Hintergrundkulisse. Das tut nie richtig weh und berührt von daher auch nie wirklich. Alle Personen weinen genau an der richtigen Stelle, die Liebe ist einfach und konfliktfrei, auch das Familienleben. Außer ein paar kleinen Kratzern kann nichts all diesen guten Menschen etwas anhaben. Ein Streit zwischen den Liebenden endet schon bald mit der Versöhnung vor einer Pferdekoppel unter Gewitterhimmel. Überhaupt wird das Bild der Wolken einmal zu oft bemüht.
Zach Sobiech stellte sich die Frage, wie er Auf Wiedersehen sagen will, wie er im Gedächtnis bleiben will. Seine Antwort formulierte er musikalisch, mit dem fröhlich-melancholischen Song „Clouds“. Am Ende wird Zach einen Riesenauftritt in der Kleinstadt haben, aus der er kommt, alle werden da sein und ihn feiern. Ob betroffene Jugendliche in dieser Heile-Welt-Filmerzählung Trost finden, ob andere davon einen Erkenntnisgewinn haben, darf angezweifelt werden.
Christiane Radeke
Clouds - USA 2020, Regie: Justin Baldoni, Homevideostart: 16.10.2020, FSK: keine FSK-Prüfung, Empfehlung: ab 13 Jahren, Laufzeit: 121 Min. Buch: Kara Holden, nach dem Sachbuch „Fly a Little Higher: How God Answered a Mom's Small Prayer in a Big Way“ von Laura Sobiech. Kamera: Ben Kutchins. Musik: Brian Tyler. Schnitt: Brett M. Reed. Produktion: Mad Chance, Warner Bros., Wayfarer Studios. Anbieter: Disney+. Darsteller*innen: Fin Argus (Zach Sobiech), Sabrina Carpenter (Sammy Brown), Madison Iseman (Amy Adamle), Neve Campbell (Laura Sobiech), Lil Rel Howery (Mr Weaver) u. a.
Altersempfehlung 10-13 Jahre
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