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Le voyage du prince

Entdeckt in Locarno: Eine parabelhafte Geschichte über die Angst vor dem „Anderen‟, über Natur und vermeintliche Zivilisation.

 

Dem hierzulande leider immer noch viel zu wenig bekannten, 1939 geborenen französischen Animationsfilmer Jean-François Laguionie zufolge haben ihn ständig fragende Kinder dazu angeregt, nach „Le Tableau“ (2011) und „Louise en hiver“ (2016) zusammen mit seinem Kollegen Xavier Picard endlich eine Fortsetzung des Films „Kwom und der König der Affen‟ zu drehen. Standen in diesem Film aus dem Jahr 1999 zwei anfangs noch rivalisierende Stämme von Menschenaffen im Mittelpunkt der Geschichte, die in ihrem Aussehen und in ihren Verhaltensweisen menschliche Züge aufwiesen, wird dem Publikum nun durch einen alten Affenprinzen ein Spiegel vorgehalten. Das Volk der Affen, das in Baumhäusern auf dem Dach des Urwalds lebt, ist den Stadtaffen kulturell und intellektuell mindestens ebenbürtig. Im Unterschied zu ihnen hat es längst gelernt, weitgehend im Einklang mit der Natur zu leben. Die Stadtaffen wiederum, die in einer von Urwald umgebenen und hochindustrialisierten Stadt leben, die an das 19. Jahrhundert erinnert, sehen die Natur nur als Bedrohung, die es zu besiegen, zu zähmen und gegebenenfalls zu vernichten gilt.

 

 

In dieser hochnäsigen Welt strandet ein alter Affenprinz, der aufgrund seiner Verletzungen auf die Hilfe der Stadtaffen angewiesen ist. Zum Glück wird er von einem verschrobenen alten Wissenschaftler entdeckt, der zusammen mit einer jüngeren Mitarbeiterin und Botanikerin in einem halb verfallenen naturkundlichen Museum am Rande der Stadt lebt. Er hofft, später mit dem Affenprinzen endlich seine stets abfällig belächelte These beweisen zu können, dass neben ihrem eigenen Volk noch andere hochentwickelte Affen existieren. Zunächst aber wird der alte Affenprinz gepflegt und von Tom, der als Kleinkind aus einem Baumhaus im Urwald gefallen ist und dann von den Stadtaffen aufgezogen wurde, mit der Sprache und den Gepflogenheiten seines Volks vertraut gemacht. Als die beiden eigenmächtig einen Ausflug in die Stadt wagen, erregt der Affenprinz Aufsehen und Entsetzen. Und auch dem alten Professor gelingt es nicht, seinen Kolleg*innen zu beweisen, dass der Affenprinz harmlos ist. Als vermeintlich wildes Tier wird er hinter Gittern in einem Zoo gehalten und ist auch Toms Hilfe angewiesen, um in den Urwald zurückkehren zu können.

 

 

Mit seiner zivilisationskritischen philosophischen Erzählung greift Jean-François Laguionie sinnlich unmittelbar nachvollziehbar eine ganze Reihe von wichtigen Themen auf, die Europa und die ganze Welt bewegen, insbesondere die weit verbreitete irrationale Angst vor dem Fremden, die Selbstüberheblichkeit der Menschen und ihr partielles Unvermögen, über den eigenen Tellerrand hinauszusehen. Der farbenprächtige und zugleich flächige Zeichenstil trägt dazu bei, sich selbstkritisch auf diese Geschichte einzulassen, wobei der Film am Ende ein deutliches Zeichen der Hoffnung setzt. Eine eindringliche Parabel, die für Kinder und Erwachsene gleichermaßen geeignet ist und neben der Legende des Urwaldmenschen Tarzan auch Elemente aus anderen französischen Filmklassikern wie „Der kleine Prinz“ oder „Der König und der Vogel“ (Paul Grimault, 1979) aufgreift. Sicher werden Kinder aufgrund mangelnden historischen Vorwissens nicht alle Details und Anspielungen verstehen, aber die Grundzüge der spannenden und geheimnisvollen Geschichte sind auch für sie gut nachvollziehbar. Und in dem klugen und empathischen Tom haben sie sogar eine Vorbildfigur, mit der sie sich problemlos identifizieren können.

Holger Twele

 

© Urban Distribution International (Vertrieb)
10+
Animation

Le voyage du prince - Frankreich, Luxemburg 2019, Regie: Jean-François Laguionie, Xavier Picard, Festivalstart: 16.08.2019, FSK: keine FSK-Prüfung, Empfehlung: ab 10 Jahren, Laufzeit: 77 Min. Buch: Anik Le Ray, Jean-François Laguionie. Musik: Christophe Héral. Schnitt: Patrick Ducruet. Produktion: Blue Spirit Productions, Mélusine Productions. Verleih: offen

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