Reservation Dogs
Auf Disney+: Sie wären gern cool. Und sie wollen weg. Raus aus dem Reservat. Nach Kalifornien.
Elora und Bear, Cheese und Willie Jack – sie wollen einfach nur weg. Raus aus dem Reservat in Oklahoma, in dem sie keine Zukunft für sich sehen. Erst recht nicht seit dem Tod ihres Freundes und Bruders Daniel vor einem Jahr. Ihr Ziel ist Kalifornien. Dort, wo alles möglich ist. Der Mut zum Aufbruch fehlt nicht. Wohl aber das dafür nötige Geld.
Der Titel der Serie spielt auf Quentin Tarantinos Debütfilm „Reservoir Dogs‟ an, einen kleinen fiesen Thriller über ein paar Gangster mit Tarnnamen in schwarzen Anzügen, die sich gegenseitig hinters Licht führen. War dieser Titel noch aus einem Missverständnis hervorgegangen – Tarantino soll als Videothekar anstelle von Louise Malles „Au revoir, les enfants‟ („Auf Wiedersehen, Kinder‟) eben „Reservoir Dogs‟ verstanden haben –, so haben die Serienschöpfer Sterlin Harjo und Taika Waititi nun „Reservation Dogs‟ daraus gemacht. Ebenso cool wie die Tarantino-Helden bewegen sich Elora, Bear, Cheese und Willie Jack nun manchmal durch ihren Heimatort, wo cool zu sein doch überhaupt keinen Wert hat. Schon in der ersten Szene klauen sie kurzerhand einen Lkw und verticken ihre Beute bei den Meth-Heads in der Nachbarschaft. Die Diebstähle und Streiche, mit denen sie sich die Zeit vertreiben oder ihr Taschengeld ein wenig aufhübschen, bleiben ungesühnt. Reservatspolizist Big ist entweder zu gutmütig oder zu naiv, um die selbsternannten Rez Dogs hochgehen zu lassen. Schwerer jedoch wiegt das schlechte Gewissen, wenn sie erkennen, wem sie wirklich geschadet haben durch ihr Verhalten und welche Folgen dieses für andere Menschen aus ihrem Umfeld hatte.
Immer wieder holt die Serie, die ausschließlich mit indigenen Darsteller*innen besetzt wurde, die Jugendlichen auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie können sich zwar cool fühlen, aber merken doch immer, dass sie es nicht sind. Stattdessen kommen zunehmend mehr und mehr Verletzungen ans Licht. Bear etwa muss damit klarkommen, dass sich sein Vater, ein Möchtegern-Rapper, der sich nach San Francisco abgesetzt hat, niemals wirklich um ihn kümmern wird. Und Cheese und Willie Jack werden erkennen, dass weglaufen vielleicht nicht die einzige Lösung ist, wenn man etwas verändern will.
„Reservation Dogs‟ lebt von seinem stillen Humor, von kleinen Absurditäten, von manchmal irrwitzigen Dialogen und vielsagenden Pausen. Darin zeigt sich der Einfluss des neuseeländischen Regisseurs und Schauspielers Taika Waititi („Jojo Rabbit‟, „Thor 3‟), der hier im Hintergrund als Produzent und Autor maßgeblich beteiligt war. Reiner Klamauk wird die Serie aber nie. Vielmehr gelingt es ihr, einen vielschichtigen Blick auf die Lebensbedingungen in gegenwärtigen Reservaten zu werfen. Beiläufig wird darüber erzählt, welche Spuren die Geschichte in den Familien hinterlassen und welche Folgen die Diskriminierung hat. Sie zeigt auch die Armut, das Ausgegrenztsein und die Probleme und Sehnsüchte, die sich daraus ergeben. Aber sie lässt auch Raum, um augenzwinkernd in bisweilen fantastischen, surrealen Szenen über die Mythologie der Native Americans zu erzählen.
Das vielgepriesene Versprechen, alles im Leben erreichen zu können, erfüllt sich im Umfeld der Rez Dogs eher nicht. Was ihnen bleibt, ist nur der Traum davon. Und das Bewusstsein, dass es nichts bringt, ihre kulturelle Herkunft zu leugnen. So geht es hier auch ganz viel um Selbstfindung und Selbstbewusstsein – und um den Stolz, der oder die zu sein, der/die man ist.
Stefan Stiletto
Reservation Dogs - USA 2021, Regie: Sterlin Harjo, Sydney Freeland, Blackhorse Lowe, Tazbah Chavez, Homevideostart: 13.10.2021, FSK: keine FSK-Prüfung, Empfehlung: ab 16 Jahren, Laufzeit: 8 Episoden mit einer Länge von 30 Min. Buch: Sterlin Harjo, Taika Waititi u. a. Kamera: Mark Schwarzbard, Christian Sprenger. Musik: Mato. Schnitt: Gina Sansom, Varun Viswanath, Yana Gorskaya, Dane McMaster. Produktion: FX Productions. Anbieter: Disney+. Darsteller*innen: Devery Jacobs (Elora), D’Pharao Woon-A-Tai (Bear), Lane Factor (Cheese), Paulina Alexis (Willie Jack), Zahn McClarnon (Big) u. a.
Altersempfehlung 14-18 Jahre
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