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Berlin Bytch Love

Sophie und Dominik leben auf der Straße. Noch ist Sommer. Doch dann kommt der Herbst und Sophie stellt fest, dass sie schwanger ist.

Unter einer U-Bahnbrücke tanzt ein Paar: Sophie, 15, mit einem langen, blonden Zopf, und der 17-jährige Dominik, kahlgeschoren. Sie umarmen sich, küssen sich. „Fridolin, der Wald ist grün“, sagt Dominik lachend. „Ich liebe dich“, ruft Sophie und Dominik darauf: „Ich dich ooch, Fridolin, der Wald ist grün.“

Mit dieser zärtlichen Szene beginnt der Film von Heiko Aufdermauer und Johannes Girke und man könnte meinen, es handle sich hier um einen Spielfilm. Aber weit gefehlt. „Berlin Bytch Love“ ist die erste lange dokumentarische Arbeit der beiden Filmemacher. Zwei Jahre lang begleiteten sie das junge Paar mit der Kamera. So ist schließlich über 100 Stunden Material entstanden, das dann nach dramaturgischen Regeln einer fiktionalen Filmerzählung montiert wurde.

„Berlin Bytch Love“ beginnt im Sommer im Berliner Bezirk Kreuzberg. Seit einem halben Jahr leben Sophie und Dominik auf der Straße. Rund um den Görlitzer Park verbringen sie ihre Tage: verkaufen Postkarten, sammeln Flaschen, betteln, um an Geld zu kommen. Ansonsten chillen sie in Parks, auf Spielplätzen, in der U-Bahn. Albern herum wie Kinder. Lieben sich. Immer sind sie zu zweit unterwegs, nie sind sie getrennt. Nachts schlafen sie in der Nische vor einer Kirchentür, kiffen, spielen Tiere-Raten, Dominik kokst ab und zu, was zum Streit führt. An einem Tag fahren beide mit der S-Bahn nach Bernau, um dort Sophies jüngere Schwester Sarah zu treffen. Heimlich, denn der Vater hat seine älteste Tochter als vermisst gemeldet. Wird sie erwischt oder von der Polizei aufgegriffen, muss sie zurück nach Hause.

Mit dem Herbst kommen dann die ersten kalten Nächte. Sophie ist im vierten Monat schwanger. Dominik muss sich vor Gericht für mehrere Straftaten aus der Vergangenheit verantworten. Das Paar überlegt, nach Frankreich zu gehen. „Ihr könnt nicht vor allem wegrennen“, meint Sarah und bietet sich an, bei der Wohnungssuche zu helfen. Dominik hat Glück. Er wird zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Der Sozialarbeiter Herr Buch besorgt eine Wohnung – 70 km von Berlin entfernt, in Eberswalde. Hier ist viel Natur, aber nicht viel los. Während Sophies Bauch runder und runder wird, langweilen sich die beiden, lassen mal eine Freundin, mal Sarahs Freund Johnny miteinziehen. Schaffen sich eine Katze und einen Hund an. Im Mai wird ihr Sohn Luca geboren. „In manchen Sachen bereue ich, dass ich dich geschwängert habe“, sagt Dominik einmal. Die jungen Eltern gehen ganz unterschiedlich mit ihren neuen Rollen um. Ob ihre Liebe halten und wie der Weg für sie und ihr Kind weiterverlaufen wird, bleibt offen.

„Du bist hässlich, du bist so hässlich“, hören wir den Rapper Raket One am Ende des Films, während der Abspann läuft, singen. Doch das Leben von Sophie und Dominik zeigt sich hier gerade nicht von einer ausschließlich hässlichen, ebenso wenig von einer ausschließlich schönen Seite. Die beiden Jugendlichen wirken liebenswert, nehmen das Kinopublikum durch ihre enge Bindung, ihre Emotionalität und Verspieltheit für sich ein. Dies täuscht allerdings nicht über ihre Probleme, die Fragilität ihrer Beziehung und vor allem auch über die frühe Elternschaft hinweg. Ohne vordergründig zu werten, ohne Doku-typische Elemente wie Off-Kommentar oder Interviews zeigen Heiko Aufdermauer und Johannes Girke sehr behutsam und einfühlend den Entwicklungsprozess von Sophie und Dominik, zweier junger Menschen am Rande unserer Gesellschaft. Kein Wunder, dass die Resonanz auf diesen Dokumentarfilm sehr hoch ist. „Berlin Bytch Love“ ist nicht nur auf vielen Festivals gelaufen, sondern wurde auch bereits mehrfach ausgezeichnet.

Barbara Felsmann

© UCM.ONE
14+
Dokumentarfilm

Berlin Bytch Love - Deutschland 2022, Regie: Heiko Aufdermauer, Johannes Girke, Kinostart: 29.02.2024, FSK: ab 12, Empfehlung: ab 14 Jahren, Laufzeit: 89 Min., Buch: Heiko Aufdermauer, Johannes Girke, Kamera: Heiko Aufdermauer, Victoire Bonin, Johannes Girke, Schnitt: Johannes Girke, Heiko Aufdermauer, Produktion: Silent Film, Verleih: UCM.ONE

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