Gretel & Hänsel
Das bekannte Märchen der Gebrüder Grimm, nun erzählt als emanzipatorischer Horrorfilm mit einer jugendlichen Protagonistin.
Braucht eine Geschichte, die sich schon seit zwei Jahrhunderten großer Beliebtheit erfreut, heutzutage wirklich eine Auffrischung? Wie bei so vielen Neuinterpretationen klassischer Stoffe stellte sich diese Frage auch im Fall der nun anlaufenden Leinwandadaption des Grimmschen Märchens „Hänsel und Gretel“. US-Filmemacher Osgood Perkins, dessen Vater Anthony im Hitchcock-Meisterwerk „Psycho“ (1960) die Rolle des wahnsinnigen Mörders Norman Bates verkörperte, nimmt sich die berühmte Erzählung um zwei im Wald ausgesetzte Geschwister vor und gewinnt ihr tatsächlich eine neue Perspektive ab, die schon im verdrehten Titel zum Ausdruck kommt.
„Gretel & Hänsel“ folgt zwar dem Grundmuster der Vorlage, rückt allerdings den weiblichen Teil des Geschwister-Duos ins Zentrum des Interesses. Bei Gretel handelt es sich in dieser Version um eine Teenagerin, die mit ihrem kleinen Bruder Unterschlupf bei einer Hexe namens Holda findet und durch die Begegnung lernt, die tief in ihrem Inneren schlummernden übernatürlichen Kräfte zu umarmen. Der Gedanke, das Erwachen einer jungen Frau zu schildern und dabei die Beziehung zwischen ihr und Hänsel auf den Prüfstand zu stellen, ist äußerst reizvoll. Ärgerlicherweise arbeiten Perkins und Drehbuchautor Rob Hayes ihre Idee aber nicht konsequent genug aus. Obwohl Gretels Wahrnehmung das Geschehen bestimmt, gerät der Entwicklungsprozess der Hauptfigur seltsam unpräzise – was die emotionale Wucht der düsteren Coming-of-Age-Story spürbar schmälert.
Sieht man von einigen eher billigen Schockeffekten ab, gelingt es dem Regisseur dagegen recht überzeugend, eine unheilvolle, irritierend-surreale Atmosphäre zu kreieren. Die bedrohliche Musik scheint jegliche Hoffnung im Keim ersticken zu wollen. Und die schummrigen, häufig eigenwillig ausgeleuchteten Bilder lassen von Anfang an ein handfestes Gefühl der Beklemmung entstehen. Stilistisch setzt das Horrordrama zweifelsohne interessante Akzente, inhaltlich bleibt es jedoch leider unter seinen Möglichkeiten.
Christopher Diekhaus
Gretel & Hansel - USA, Kanada, Irland, Südafrika 2020, Regie: Osgood Perkins, Kinostart: 09.07.2020, FSK: ab 16, Empfehlung: ab 16 Jahren, Laufzeit: 87 Min. Buch: Rob Hayes. Kamera: Galo Olivares. Musik: Robin Coudert. Schnitt: Julia Wong, Josh Ethier. Produktion: Fred Berger, Brian Kavanaugh-Jones. Verleih: Capelight Pictures. Darsteller*innen: Sophia Lillis (Gretel), Samuel Leakey (Hänsel), Alice Krige (Holda/Hexe), Jessica De Gouw (Hexe jung), Fiona O’Shaughnessy (Mutter) u. a.
Altersempfehlung 14-18 Jahre
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