I Love You More
Auf Sooner: Ein Sommer voller Sehnsucht – und eine Entscheidung, die alles verändern könnte! Wird Ben Leo endlich treffen?
Teenager Ben erlebt seine erste große Liebe. Objekt seiner Zuneigung ist der in Deutschland lebende Leo. Die Fernbeziehung, die vor allem in Form gehauchter Worte am Telefon stattfindet, ist für Ben schwer auszuhalten, doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: Leo wird im kommenden Juli mit seiner Familie in Albanien sein. Der geplante Besuch ist für Ben das Ereignis des Jahres.
Doch dann kommt ihm ausgerechnet das Glück dazwischen: Seine Familie, die schon länger in die Vereinigten Staaten auswandern will, hat bei der Greencard-Lotterie gewonnen. Der Umzug soll im Juli stattfinden, also genau dann, wenn Leo zu Besuch kommen will. Obwohl es ihn selbst fast zerreißt, überzeugt Ben seine Mutter Linda, den Flug in den August zu verschieben, damit Ben und Leo sich wenigstens einmal sehen können.
„I Love You More“ spielt in einer interessanten Zwischenzeit. 2022 gedreht, 2023 weltweit veröffentlicht, präsentiert der Film eine Haltung zu den USA, die im Jahr 2025 wie ein nicht auszuhaltender Widerspruch wirkt, da Trump die LGBTQ-Rechte brutal zurückgefahren hat. Gleichzeitig verrät diese Einschätzung mein eigenes Privileg: Zwar sind die Rechte queerer Personen im Kosovo und in Albanien offiziell anerkannt, dennoch ist die soziale Situation in beiden Ländern immer noch sehr schwierig. Albanien gilt gar als homofeindlichstes Land Europas. Es ist also nachvollziehbar, dass unter diesen Umständen auch die konservativ regierten USA immer noch freiheitlicher wirken können, als Ben es gewohnt ist.
Gerade die Problematik unterschiedlicher Sichtweisen aufgrund verschiedener Privilegien wird in „I Love You More“ auf sehr subtile Weise sichtbar. Zunächst nur durch Bens großes Zögern, seinem Umfeld Genaueres über Leo zu erzählen. Wir spüren seine Angst und dann seine Erleichterung, als zuerst seine beste Freundin Nora und im Anschluss seine Mutter positiv reagieren. Am deutlichsten zeigen sich Diskrepanzen in der Beziehung zu Leo selbst. Auch wenn Leos Beteuerungen am Telefon manchmal so hohl wirken, dass man fast fürchtet, Ben sei Opfer eines Catfishers geworden, wird in den Verhandlungen um Zeit und Ort des Besuchs schnell klar: Die Schere zwischen ihnen klafft weit auseinander. Für Ben ist die Begegnung mit Leo ein singuläres Ereignis, das ihn als Menschen radikal verändern wird, für Leo ist es Sommerurlaub. Bens titelgebende Antwort auf Leos Liebesgeständnis, „I love you more“, deutet dieses Gefälle zwischen den Liebenden bereits an.
Es ist nicht immer einfach, mit Ben mitzufühlen. Der Film hat sich seiner Perspektive und damit auch seinen manchmal unvernünftigen Bewertungen von Situationen verschrieben. Wenn er also für die Durchsetzung seiner Bedürfnisse kämpft und dabei zum Beispiel keine Rücksicht auf die Situation seiner Mutter nimmt, kann seine Selbstzentriertheit Ablehnung auslösen. Bens Charakter ist in dieser Hinsicht zwar konsistent gestaltet, das wiederholte Durchspielen des Konflikts zwischen Warten und Auswandern führt zu Längen im Mittelteil.
Ausgeglichen wird dies durch die fantastische Kameraarbeit. Kinematograf Wenting Deng Fisher erschafft Bilder des Sommers im Gebirge, die man riechen und schmecken kann und die durch ihre behutsame Inszenierung einen ganz eigenen Sog entwickeln. Vor allem das Licht der Sommersonne wird so gekonnt eingefangen, dass man das Gefühl hat, die Wärme auf der eigenen Haut spüren zu können. So wird aus „I Love You More“ ein rundes Filmerlebnis, das vor allem durch die Fülle der Dinge besticht, die zwischen den Zeilen erzählt werden.
Len Klapdor
Kosovo, Albanien 2023, Regie: Regie: Erblin Nushi, Homevideostart: 01.06.2025, FSK: ab 12, Empfehlung: ab 12 Jahren, Laufzeit: 93 Min., Buch: Erblin Nushi, Kamera: Wenting Deng Fisher, Musik: R.B. Castrioti, Schnitt: Enis Saraçi, Produktion: Isak Durako, Fjolla Nushi, Gerta Qurku, Lisa Thrasher, Verleih: Sooner, Besetzung: Don Shala (Ben), Zana Berisha (Linda, Bens Mutter), Irena Aliu (Nora), Leonik Sahiti (Leo), Luan Jaha (Baskhim, Bens Vater) u. a.
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