Magische Momente | | von Reinhard Kleber

Kinder an die Macht!

Eine Szene aus „Kannawoniwasein!“

Filmbild aus Kannawoniwasein!
"Kannawoniwasein!" (c) Lieblingsfilm, Sad Origami, Jens Hauspurg

Verbrechen lohnt sich nicht. Das bekommt auch ein junger Fiesling zu spüren, der die Helden in Stefan Westerwelles Roadmovie beklaut.

Ein beliebter Topos im Kinderfilm ist der Sieg von Kindern über Erwachsene. Wenn ein vermeintlich Kleiner gegen einen vermeintlich Großen gewinnt wie einst in der Bibel David gegen Goliath, dann steht so gut wie fest, dass die jungen Kinobesucher*innen jubeln. Ein Sieg fällt umso triumphaler aus, wenn die Ausgangslage zunächst ungünstig oder gar aussichtslos erscheint für die Seite der Kinder. So auch in einer Schlüsselszene des Kinderabenteuerfilms „Kannawoniwasein!“ von Stefan Westerwelle.

Der fast zehnjährige Finn und die zwölfjährige Jola sind von zu Hause ausgebüchst und machen sich auf den Weg zur Ostsee. Unterwegs begegnen sie allerlei kuriosen Gestalten, darunter einer großen Gruppe von Rocker*innen, die in dunkler Lederkleidung auf schweren Motorrädern über die Landstraßen rollen. Als der bedachtsame Finn in einer Rockerkneipe den Fiesling Heiko entdeckt, der ihm vor kurzem im Zug seinen Rucksack samt Geld und Handy gestohlen hat, holt er sich mit Jolas Hilfe den Rucksack zurück. Auf der Flucht vor den Rockern klettern die beiden auf einen hohen Mast.

Heiko bestreitet den Diebstahl und bedroht die Kinder. Doch die vorlaute Jola verlangt von ihm eine Entschuldigung. Der Dieb sträubt sich zunächst, aber die lebenskluge namenlose Präsidentin der Rockergruppe hat Heiko, der unbedingt in die Rockergruppe aufgenommen werden will, längst durchschaut und zwingt ihn, sich zu entschuldigen. Was für ein Triumph für die Kids! Doch damit nicht genug. Die schlagfertige Jola tut so, als habe sie nichts gehört, und verlangt, dass Heiko die Entschuldigung lauter ausspricht. Und dann muss er auch noch versprechen, nie mehr etwas zu klauen, vor allem nicht von Kindern. Es kommt sogar noch schlimmer für den Übeltäter. Die Präsidentin sagt zu ihm: „Auf die Knie!“ und reißt ihm das „Hackmack“-Emblem der Gruppe von der Rockerweste. Und fügt hinzu: „Hau ab! So einen wie Dich brauchen wir hier nicht.“ Fehlt nur noch, dass einer sagt: „Kannawoniwasein!“ (Das kann ja wohl nicht wahr sein!) Diesen Berliner Dialektspruch gab Finn zum ersten Mal von sich, als er im Zug bemerkte, dass sein Rucksack verschwunden ist. Der Spruch wird später übrigens zu einem Running Gag im Film.

Wie ein getretener Hund schnappt sich Heiko seinen leichten Roller, der aber nicht anspringt. So muss der Gedemütigte den Roller auch noch schieben. Noch ein Triumph für Finn und Jola! Die beiden bedanken sich artig bei der Präsidentin. Die wiederum erweist sich als großzügig gegenüber den „Erbsen“: Sie und ein männlicher Rocker bringen die Kinder auf den Rücksitzen ihrer Motorräder - natürlich mit passenden Schutzhelmen – ans ersehnte Ziel. So schön kann Kinderkino sein! Und wer hätte das gedacht von einem humorvollen Kinder-Roadmovie mit einem kleinen sympathischen Jungen, der erst so zaghaft wirkt, aber dann mit den Schwierigkeiten erstarkt und schließlich über sich hinauswächst. Ohne die selbstbewusste Jola wäre ihm das aber bestimmt nicht gelungen.

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