Junge Held*innen | | von Stefan Stiletto
Mehr Paddington wagen!
Der animierte Titelheld aus den „Paddington“-Filmen (Paul King, 2014 und 2017 sowie Dougal Wilson, 2024).
Eine Seele von Bär. Der Titelheld der gleichnamigen Filmreihe ist etwas ganz besonderes. Er ist entwaffnend ehrlich. Immer freundlich. Immer höflich. Er spielt sich einfach so ins Herz, ohne dass sich das falsch anfühlen würde.

Um gleich einmal mit der Tür ins Haus zu fallen: Dieser Bär ist eine Freude. Und zwar nicht, weil er sich selbst lächerlich machen würde. Oder weil er schusselig oder manchmal naiv ist, manchmal mit elektrischen Zahnbürsten seine Ohren putzt, Badezimmer, ja ganze Häuser versehentlich flutet oder schwarz-weiß gestreifte Häfltingsbekleidung durch eine kleine Unaufmerksamkeit pink verfärbt. Zugegeben, ein bisschen ungeschickt ist der Bär aus Peru, den Michael Bond für seine Kinderbücher erfunden und dann nach Großbritannien geschickt hat, auch. Aber über die ganzen Culture-Clash-Witze hinweg ist Paddington vor allem: eine Seele von Bär. Höflich, respektvoll, fast ausnahmslos freundlich. Wenn sein britischer Gastvater seinen Bärennamen falsch ausspricht, rümpft er die Nase und weist sein Gegenüber mit deutlichen, bestimmten Worten darauf hin, dass er gerade etwas sehr Unhöfliches gesagt hat. Wenn ihn jemand wirklich ärgert, sieht er ihn mit seinem „durchbohrenden Blick“ böse an. Aber niemals, niemals fährt dieser Bär so richtig aus der Haut, pardon, dem Pelz. Ist das nicht großartig?
Ein Gut-Bär
Sicherlich haben auch rotzfreche und rebellische Figuren ihren Charme, gerade im Kino und gerade im Kinder- und Jugendfilm. Paddington dagegen ist ein Beispiel, wie wunderbar auch eine Figur sein kann, die einfach nur nett ist. Ein Gut-Bär, könnte man sagen. Ja. Und zwar einer, der jegliche Abwehrmechanismen unterläuft, der sich einfach ins Herz des Publikums spielt, weil er so ehrlich und aufrichtig ist. Das über eine CGI-Figur zu sagen, ist vielleicht sogar noch ein größeres Lob. Andererseits: Vielleicht ist gerade die Künstlichkeit der Figur auch die Ursache dafür, dass man diesen Bären ohne Ecken und Kanten so akzeptiert.

Auf einen Tee mit der Königin
Irgendwie ist Paddington damit aus der Zeit gefallen. Er führt vor, dass man auch mit Freundlichkeit weit kommt, dass Höflichkeit und ein Lächeln Türen öffnen und dass man auch auf eine sanfte Art – die englische Synchronstimme von Ben Whishaw und die deutsche von Elyas M’Barek treffen da kongenial den richtigen Ton – weit kommen kann. Dabei gibt es im Leben von Paddington ja trotzdem allerlei Konflikte. Aber wie er auf diese reagiert und wie ruhig und besonnen er mit diesen Problemen umgeht, ist absolut bemerkenswert. Er ist die perfekte Kinderfilmfigur, die ganz ohne erhobenen Zeigefinger vorführt, wie man in einer idealen Welt auch miteinander umgehen könnte. Kein Wunder also, dass diesem Bären sogar schon die Ehre zuteil wurde, mit Königin Elizabeth gemeinsam Tee zu trinken.
Bis zum dritten Teil war Paddington übrigens ein illegaler Zuwanderer ohne Papiere. Was für ein Glück, dass er nicht gleich an den europäischen Grenzen wieder abgeschoben wurde! Nicht auszudenken, wie es um sein Schicksal im Jahr 2025 in Deutschland bestellt wäre.