Junge Held*innen | | von Len Klapdor

Du bist nicht allein!

Die Titelheldin aus „Nimona“ (Nick Bruno, Troy Quane, 2023)

Der wilde Animationsfilm nach dem Comic von ND Stevenson ist vieles: wild und bunt, mal Fantasy, mal Science Fiction, mal slapstickhaft, mal ernst. Mittendrin: eine Gestaltwandlerin, die vorlaut und aggressiv, aber auch verletzlich ist. Eine ganz und gar ungewöhnliche und ziemlich bemerkenswerte Heldin.

Filmstill aus Nimona
"Nimona" (c) 2023 Netflix, Inc.

Nimona ist eine Gestaltwandlerin mit erstaunlichen magischen Fähigkeiten. Das Königreich sieht in ihr ein Monster, eine Bedrohung der eigenen – nicht-magischen – Lebensweise. Weil sie ihr Leben lang ausgeschlossen wurde, trägt sie eine große Wut in sich. Dinge kaputt zu schlagen, macht sie glücklich. Am Anfang des Films möchte sie auch das Königreich zerstören. In Bal erhofft sie sich einen Komplizen, der ihre Wut teilt, und ist enttäuscht, als sie feststellt, dass der Ritter nur seinen Namen reinwaschen will. Doch im Verlauf der Geschichte macht sie eine Entwicklung durch und erkennt, dass das Königreich nun mal aus Menschen besteht und es die Menschen sind, um die es geht, und um die Verbindung, die man zu ihnen hat. Wenn sie alles kaputt macht, zerstört sie auch das Leben derer, die ihr wichtig sind.

Also wählt sie einen anderen Weg. Sie bewahrt das Königreich vor der Zerstörung – und setzt damit eine Wandlung in Gang: Am Ende ist Nimona nicht mehr das Monster, sondern die Heldin, die alle bewundern. Durch Bal lernt Nimona außerdem, dass Menschen Fehler machen und sich ändern können. Ja, es gibt den Moment des Verrats, in dem Nimona glaubt, doch ganz allein auf der Welt zu sein. Das ist der Moment ihrer größten Verzweiflung. Doch Bal erkennt seinen Fehler, er entschuldigt sich bei ihr und sagt ihr, was sie hören muss, um an ihrer Verzweiflung nicht zu Grunde zu gehen: Du bist nicht allein.

Filmstill aus Nimona
"Nimona" (c) 2023 Netflix, Inc.

Als queere autistische Deutsche kann ich mich auf vielen Ebenen mit Nimona identifizieren. Ich komme aus einem Land, in dem vor nicht allzu langer Zeit Menschen wie ich weggesperrt und sogar systematisch getötet wurden. Wir galten als „unwertes Leben“, als „degeneriert“. Diese Worte sind von dem Wort „Monster“ nicht sehr weit entfernt. Und auch wenn die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten in der Vergangenheit liegt: Zu viele ihrer Ideen haben bis heute Wirkmacht. Das habe ich mein Leben lang täglich zu spüren bekommen. Auch ich trage viel Wut in mir und möchte manchmal einfach alles nur kaputtschlagen. Auch ich fühle mich oft fürchterlich einsam. Doch auch ich habe Menschen in meinem Leben, die mich regelmäßig daran erinnern, dass ich nicht allein bin, und dass das Ringen um eine bessere Welt sich lohnt, auch wenn es oft hoffnungslos scheint.

Nimona wird im Verlauf des Films immer wieder gefragt, was sie ist, und ihre Antwort ist stets die Gleiche: Ich bin Nimona. Dieses Selbstbewusstsein, mit dem sie allen Schubladen eine klare Absage erteilt, ist inspirierend. Sie inspiriert Menschen wie mich, kompromisslos sie selbst zu sein, sich nicht in kleinkarierte Schubladen stecken zu lassen. Das macht sie für mich zu einer Heldin.

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