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Interviews | | von Holger Twele

„Ich möchte, dass Eltern mit ihren Kindern ins Kino gehen und nach dem Film gemeinsam darüber reden.‟

Interview mit Sanna Lenken über ihren Film „Comedy Queen‟

Mit ihrem neuen Film „Comedy Queen“ war Sanna Lenken 2022 im Wettbewerb der Reihe Kplus in der Sektion Berlinale Generation vertreten. Das berührende Porträt einer Zwölfjährigen, die nach dem Suizid ihrer depressiven Mutter lernen muss, ihre Trauer zuzulassen, wurde mit dem Gläsernen Bären für den besten Film ausgezeichnet – womit Lenken an den Erfolg ihres Spielfilmdebüts „Stella‟ (My skinny sister) anknüpft, der ebenfalls bei Kplus 2015 einen Gläsernen Bären erhielt. Holger Twele hat sich mit der schwedischen Regisseurin unterhalten, die auch schwere Stoffe souverän und auf Augenhöhe des Zielpublikums inszeniert.

In Ihren Filmen geht es oft hart zur Sache. In „Stella“ („My Skinny Sister‟, 2015) leidet die ältere Schwester der zwölfjährigen Protagonistin unter Magersucht, und in Ihrem neuen Film „Comedy Queen“ beendet die depressive Mutter der zwölfjährigen Sasha ihr Leben selbst. Warum suchen Sie sich gerade solche Themen für einen Kinderfilm aus?

Kinder wollen genauso wie Erwachsene von Filmen emotional berührt werden und neue Erfahrungen machen. Filme haben auch eine längere Lebensdauer, wenn sie nicht nur nett sind und Spaß machen. Auch wenn es manchmal harte Szenen gibt, denke ich, dass Kinder damit umgehen können. Zumal dann, wenn der Humor eine wichtige Rolle spielt.

In Ihren Filmen behaupten sich junge Menschen in einer Extremsituation, der sie zunächst hilflos gegenüberstehen. Warum sind solche Stoffe gerade für ein junges Publikum so wichtig?

Das ist eine spezielle Form der Kommunikation, die ich mir für meine Filme wünsche. Ich möchte, dass Eltern mit ihren Kindern ins Kino gehen und nach dem Film gemeinsam darüber reden. Und wenn Kinder selbst schon entsprechende Erfahrungen gemacht haben wie die Filmfiguren, können sie anhand des Films erkennen, dass sie ganz normal sind und dass es auch völlig in Ordnung ist, über so schwierige Themen offen zu reden.

Sanna Lenken (c) Max Kullmann / Berlinale 2022

Wie wichtig sind dabei die durchweg warmen Farben bei „Comedy Queen“?

Gerade weil das Thema so hart ist, mussten die Farben unbedingt warm sein. Es sollte eine warme und liebevolle Atmosphäre sein, in der Sasha sich aufgehoben fühlt. Grautöne und dunkle Farben hätten das Gegenteil bewirkt. Bevor ihre Mutter starb, mag das anders gewesen sein. Aber das wollte ich nicht zeigen.

In diesem Film geht es auch um gute und schlechte Witze, oder?

Ich wollte unbedingt auch ein paar schlechte Witze im Film haben, zumal ich selbst in solchen Dingen nicht besonders gut bin. Es ist auch eine Frage der Ehrlichkeit, denn ein Kind in Sashas Alter kann zwischen guten und schlechten Witzen noch nicht so eindeutig unterscheiden. Ihre Witze sind daher manchmal etwas kindisch und sogar schlecht. Manchmal sind sie aber auch gerade deshalb so lustig, weil sie schlecht sind.

Sasha nimmt sich im Film vor, eine Comedy Queen zu werden, um ihren Vater wieder zum Lachen zu bringen. Waren die Comedy-Elemente für Sie eher der einfachere oder der schwierigere Teil des Drehbuchs?

Für mich waren sie schwierig, denn im Erzählen von Witzen bin ich nicht besonders gut. Ich verstehe Witze auch nur selten, denn im wirklichen Leben bin ich viel zu ernsthaft. Es war also der schwierigste Teil des Films für mich.

Hatte die Hauptdarstellerin Sigrid Johnson schon Erfahrungen mit Comedy-Shows

Bereits im Alter von sieben Jahren ist sie in einer großen Show in Schweden aufgetreten. Aber wirkliche Erfahrung hatte sie nicht.

"Comedy Queen" (c) Johan Paulin

Sashas Reaktionen auf die Selbsttötung ihrer Mutter sind gut nachvollziehbar. Konnten Sie auf persönliche Erfahrungen zurückgreifen?

Ja, denn eine gute Freundin schied freiwillig aus dem Leben und auch in meiner Familie gab es schon einigen Kummer. Daher fühlte ich mich dieser Geschichte auch sehr nahe.

Warum schneidet sich Sasha nach dem Tod ihrer Mutter die Haare kurz?

Sie wollte ihrer Mutter so wenig wie möglich ähnlich sein, sich damit von ihr abgrenzen. Diese Form einer Identitätskrise ist gar nicht so selten.

Und noch eine obligatorische Frage zum Schluss: Worum wird es in Ihrem nächsten Filme gehen?

Im Augenblick arbeite ich an einem Film über sexuelle Identität und ich hoffe, das Drehbuch auch wieder gemeinsam mit Linn Gottfridsson entwickeln zu können. Es wird um eine unglückliche Liebe gehen.

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