Ich sehe was 2023-5: Der besondere Kinderfilm
Was ist „Der besondere Kinderfilm“?
von Reinhard Kleber
Wer steht hinter der Initiative „Der besondere Kinderfilm“? Welche Absicht verfolgt sie? Und wie funktioniert das Fördermodell? Ein Überblick.
Im Februar 2013 präsentierte ein Zusammenschluss aus öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern, Filmförderern, Produzenten- und Verleiherverbänden, einer Medienstiftung und dem Freistaat Thüringen während der „Berlinale“ die neue Förderinitiative „Der besondere Kinderfilm“. Das Bündnis trat an, um anspruchsvolle Kinderfilme nach originären Gegenwartsstoffen auf den Weg zu bringen und damit dem Kinderfilm in Deutschland ein stärkeres Gewicht zu verleihen. Hintergrund dieses Vorstoßes war die Beobachtung, dass Kinderfilme nach Originalstoffen zunehmend von Filmen verdrängt werden, die auf gängigen Bestsellern, populären Marken oder Märchen basieren.
Karola Wille, die Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), erinnerte beim Auftakt daran, dass von 34 Kinderfilmen, die von der Filmförderungsanstalt (FFA) in den Jahren 2011 bis 2013 gefördert habe, nur vier originäre Gegenwartsfilme gewesen seien. Es bestehe die Gefahr, so Wille, dass das Genre des originären Kinderfilms verschwinde. Deshalb sei es wichtig, diese „Abwärtsspirale“ zu stoppen und „stabilere Grundlagen zu schaffen“.
Die Initiative, die inzwischen auf 27 Mitglieder angewachsen ist, versteht sich als breiter Schulterschluss, um gesellschaftlich relevante Filme zu fördern. Filmhandlungen, die im Rahmen von „Der besondere Kinderfilm“ gefördert werden, müssen im Hier und Jetzt angesiedelt sein und „Lebenswirklichkeit und Realitätsnähe“ widerspiegeln, so Wille. Die Initiative sei langfristig angelegt: „Wir wollen keine Eintagsfliegen produzieren, sondern nachhaltig sein.“
Unter einem „besonderen Kinderfilm“ wird dabei „ein dramaturgisch und handwerklich gut erzählter Film“ verstanden. Dessen Themen sollen für die Zielgruppe der 6- bis 13-Jährigen relevant sein und „frisch und originell“ umgesetzt werden. Weitere Anforderungen sind: „Die erzählten Geschichten haben Tiefgang und Relevanz. Sie zeigen starke Kinder und sind ,larger than life‘“. Zudem sollen die Filme „mit erzählerischer Qualität und Originalität ein möglichst breites Kinderpublikum ansprechen“.
Die geförderten Projekte müssen eine FSK-Altersfreigabe für 0 oder 6 Jahre erhalten und sollen zwischen 59 und 85 Minuten lang sein. Zugelassen sind Spiel-, Animations- und Dokumentarfilme. Fertiggestellt wurden bislang allerdings nur Live-Action-Filme. Noch in Produktion befindet sich der Animationsfilm „Der letzte Sänger der Wale“, in der zehnten Förderrunde im Mai 2022 wurde neben fünf Spielfilmstoffen mit „Die Kürbisprinzessin“ von Teresa Hochmuth ein weiterer Animationsfilm ausgewählt.
Wie das Fördermodell funktioniert
Das Fördermodell sieht vor, dass eine Fachjury in einer ersten Runde aus den eingereichten Vorschlägen bis zu sechs Treatments auswählt. Die Autoren und Produzenten sollen daraus dann eine erste Drehbuchfassung erstellen, bei dokumentarischen Stoffen eine detaillierte Projektbeschreibung und ein filmisches Umsetzungskonzept. Für diese Stoffentwicklung erhält jedes Projekt 25.000 Euro. In der zweiten Runde werden die besten Projekte für eine weitere Entwicklung ausgewählt. Sie erhalten dann eine Produktionsförderung und werden mit finanzieller Beteiligung der Sender und Filmförderungen realisiert. Mit der Ausschreibung und der weiteren Organisation wurde eine unabhängige Institution beauftragt, die nicht zu den Geldgebern zählt: der Förderverein Deutscher Kinderfilm e.V.
Inzwischen sind zehn „besondere Kinderfilme“ realisiert worden. Als elftes Projekt soll „Sieger sein“ von Regisseurin Soleen Yusef gedreht werden. Darin geht es um kurdisches Mädchen, das aus Syrien nach Berlin geflohen ist und in einem Mädchenteam ihr fußballerisches Talent beweisen will. Als erster „besonderer Kinderfilm“ kam 2015 „Winnetous Sohn“ in die Kinos; das bislang jüngste Werk der Reihe „Mission Ulja Funk“ startet am 12. Januar 2023.