Ich sehe was 2022-4: Krieg im Kinder- und Kindheitsfilm
Filmkritiken zum Thema
Ausgewählte Filme dieses Dossiers:
Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
1933 flieht eine Neunjährige mit ihrer jüdischen Familie vor dem NS-Regime aus Berlin. Während die Eltern erst in der Schweiz und später in Frankreich mit Sorge die politischen Ereignisse verfolgen, lernen die Kinder andere Sprachen und neue Regeln, suchen nach Geborgenheit und müssen doch immer wieder Abschied nehmen. Ohne klischeehafte Bilder erzählt die Adaption des gleichnamigen Kinderbuchs von den ersten Jahren des NS-Regimes, Antisemitismus, Flucht und Vertreibung. Bemerkenswert ist sowohl der stetige Wechsel zwischen Betrübtheit und Lebensfreude als auch die Erzählperspektive: Durch ein Kind im Mittelpunkt öffnet sich das komplexe Themenfeld sensibel auch für ein junges Publikum.
Der Pfad
Die fesselnde Geschichte einer großen Kinderfreundschaft vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs.
Das Glaszimmer
Kurz vor Kriegsende 1945 werden ein elfjähriger Junge und seine Mutter in München ausgebombt und fliehen in deren niederbayerisches Heimatdorf. Doch auch dort holt sie der Krieg ein und konfrontiert sie mit einer Gemeinschaft, bei der schon die Kinder die Mechanismen von Ausgrenzung und Ausschluss verinnerlicht haben. Ein eindringliches, authentisches Porträt von Enge und Versuchung, das aus kindlicher Perspektive die Gründe zeigt, warum die Hauptfigur ihren Weg in der Anpassung sucht, bis sie mit einer Gewissensfrage konfrontiert wird. Der Film spart allerdings den konkreten historischen Hintergrund weitgehend aus und verliert darüber deutlich an Bedeutung und Kraft.
Die langen großen Ferien
Animationsserie um zwei Geschwister und ihre Freunde, die von 1939 bis 1944 in einem Dorf in der Normandie bei ihren Großeltern den Ausbruch des Krieges, die deutsche Besatzung sowie die Résistance hautnah erleben. Dabei werden die Gräuel mit Enteignungen und Fliegerangriffen bis zu Verrat und Minenopfern nicht ausgeblendet Durch Klassenkameraden erfahren die Kinder zudem auf Augenhöhe, wie die Juden verfolgt und ermordet werden.
Der Krieg und ich
Die achtteilige Fernsehserie erzählt in jeweils halbstündigen Episoden, wie Kinder und Jugendliche in unterschiedlichen europäischen Ländern mit dem Nationalsozialismus konfrontiert wurden und den Zweiten Weltkrieg erlebten. DIe NS-Zeit wird dabei kindgerecht vermittelt, aber zugleich auch nicht verharmlost. – Ab 12.
Die Gezeichneten
Ein Schweizer Beitrag zum Thema der verschleppten Kinder. Am wechselreichen Schicksal eines kleinen Prager Juden werden die Leiden und seelischen Schäden der jungen Opfer des Nationalsozialismus aufgezeigt. Wirklichkeitsdarstellung, ein illusionsloses Drehbuch von starker menschlicher Wärme und das erlebnisechte Spiel der Kinder machen den (1947 in zerbombten süddeutschen Städten gedrehten) Film zu einem künstlerisch und menschlich bemerkenswerten Dokument.
Die Suche
Bei Ausbruch des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 töten russische Soldaten die Eltern eines neunjährigen Jungen. Verstummt irrt das Kind durch das kriegszerstörte Land, bis sich eine EU-Mitarbeiterin seiner annimmt. Parallel dazu wird die Geschichte eines jungen Russen erzählt, dem in den brutalen Mühlen der Armee die Empathie ausgetrieben wird. Aus verschiedenen Perspektiven wird die Hölle des Kriegs ungeschminkt gezeigt. Die unnachgiebige Härte des russischen Militärs gegen die tschetschenische Zivilbevölkerung wird dabei ebenso kritisiert wie die Gleichgültigkeit des Westens.
Der Krieg der Knöpfe (1961)
Ein nichtiger Anlass belebt den alten Rivalitätskampf zwischen den Kindern zweier französischer Dörfer. Die harmlos scheinende Auseinandersetzung wird zum Kleinkrieg der Kinder, dem die Erwachsenen hilflos gegenüberstehen. Ein mit leisem Humor und viel Lebensweisheit inszenierter Jugendfilm, der den Verhaltensweisen der Erwachsenen einen Spiegel vorhält; zugleich eine satirische, zuweilen bitter sarkastische Schilderung der französischen Provinz als Brutstätte von Ressentiments und latenter Gewalt.
Der Krieg der Knöpfe (1994)
Neuverfilmung des gleichnamigen Kinderfilm-Klassikers, die den Rivalitätskampf der Kinder aus zwei französischen Dörfern in die irische Provinz der 1970er-Jahre verlegt. Die parabelhaften Züge der Erstverfilmung weichen einer nostalgischen Perspektive, die den "Krieg" als sentimentale Erinnerung an eine ereignisreiche Kindheit zeigt.
Komm und sieh
Die erschütternde Geschichte des Reifungsprozesses eines 12-jährigen Jungen vor dem Hintergrund von NS-Gräueln in Weißrussland 1943. Über weite Strecken sehr eindrucksvoll und vielschichtig.
Iwans Kindheit
Ein zwölfjähriger Waisenjunge wird im Zweiten Weltkrieg Kundschafter der Rotarmisten an der Ukrainefront und findet dabei den Tod. Ein in seiner eigenständigen Erzähltechnik wie in seiner humanen Kraft bemerkenswerter Film, der den grausam zerstörenden Zugriff des Krieges auf die kindliche Seele darstellt. Bereits die erste Filmregie Tarkowskis besticht durch ihre ausgeklügelten Bildkompositionen, die die tragische Geschichte poetisch überhöhen und ihr einen universellen Stellenwert zuweisen.
Verbotene Spiele
Ein fünfjähriges Mädchen, dessen Eltern beim Einmarsch der Deutschen in Frankreich 1940 umgekommen sind, wird von einer Bauernfamilie aufgenommen. Es freundet sich mit den anderen Kindern an, besonders mit dem elfjährigen Sohn der Pflegeeltern. Die Dorfkinder "spielen" die Ereignisse, die sie umgeben: Sie spielen "Krieg" und "Friedhof". Nach der Befreiung wird das Mädchen vom Roten Kreuz betreut und versucht, seinen Spielkameraden wiederzufinden. Ein erschütternder Film, der in der Stilisierung und Idealisierung einer "heilen" Kinderwelt schonungslos die Grausamkeit und Gedankenlosigkeit des alltäglichen Lebens aufzeigt. Zugleich beklagt er eindringlich den Verlust der Unschuld durch den Krieg und denunziert vehement pseudoreligiöses Verhalten.