Ich sehe was 2022-4: Krieg im Kinder- und Kindheitsfilm

Kinder im Kriegsfilm

Eine Mahnung oder eine Lehre?

von Christian Exner

Bei einem Blick in die Filmgeschichte fällt auf: Wenn Klassiker über Kindheit im Krieg erzählen, dann wollen sie ein Mahnmal für Erwachsene sein und aufrütteln. Gegenwärtige Kinderfilme hingegen sprechen ihr Publikum direkt an und versuchen, erträgliche Einblicke auch ohne ein Übermaß an Hintergrundwissen zu bieten.

Filmstill: Das Glaszimmer
"Das Glaszimmer" (c) Farbfilm, Jürgen Olcyk

„Kindheit ist als Symbol des Schutzbedürftigen und Unschuldigen das überzeugendste und eindringlichste Bild, das gegen den Krieg als Inbegriff des Grauens und der Unsicherheit gesetzt werden kann“, schreibt Prof. Dr. Ralf Vollbrecht im Buch „Kinder, Krieg, Kino“ (herausgegeben von Horst Schäfer im Jahr 2008). Das Buch hält seinen Leser*innen vor Augen, wie stark Kindheit im Krieg über Zeiten und Länder hinweg als Plot im Film präsent ist. Präsent sind auch Filme zum Thema Krieg im aktuellen deutschen Kinderkino wie etwa „Der Pfad‟ (Tobias Wiemann, 2022) oder „Das Glaszimmer‟ (Christian Lerch, 2020). Sie entstanden zwar vor dem Angriff des Putin-Regimes auf die Ukraine im Februar 2022. Doch durch das Zeitgeschehen bekommen sie eine zusätzliche Relevanz.

Kinderfilme – Kindheitsfilme

Schaut man auf den Korpus von Filmen, die in dem Buch von Schäfer behandelt werden, dann gewinnt man den Eindruck, dass das Kinderkino in früheren Zeiten konfrontativer und fordernder war. Das heutige Kinderkino beschwört in der Tendenz und im Querschnitt eher eine unbeschwerte Feelgood-Kindheit. Dazu passen Darstellungen des Krieges natürlich überhaupt nicht – aber es gibt halt Ausnahmen, wie die oben genannten Filme zeigen. Auffällig ist auf jeden Fall, dass im Kinderkino vergangener Tage kein so dezidiertes Kinderfilmkonzept bedient wurde wie heute. Augenscheinlich wurde zwischen Filmen über Kindheit und Filmen für Kinder nicht so stark differenziert.

Festzuhalten ist: Es gibt in der Filmgeschichte viele Werke, die den Krieg als Angriff auf die Unschuld von Kindern akzentuieren und die zugleich offen und hart von den Leiden des Krieges erzählen. Einige davon sind Klassiker wie zum Beispiel „Verbotene Spiele‟ (René Clément, 1952), „Komm und sieh‟ (Elem Klimov, 1985), „Iwans Kindheit‟ (Andrei Tarkowski, 1962) und „Hope and Glory‟ (John Boorman, 1987). Es gibt in der Filmgeschichte auch Werke, die bei der Behandlung des Krieges primär das junge Publikum im Blick haben wie zum Beispiel „Der Krieg ist aus‟ (Jean-Loup Hubert, 1989). Bei dem mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichneten Film „Der Pfad‟ ist das auch eindeutig der Fall. Er erzählt von der Flucht eines jüdischen Journalisten und seines Sohnes Rolf über die Pyrenäen und tut dies fast schon als spannende Abenteuergeschichte, die aber Krieg und Verfolgung nicht herunterspielt. Beim Film „Das Glaszimmer‟ gibt es gespaltene Meinungen darüber, wie kindgerecht dieser Film sei. Eines ist sicher: Die Erzählung folgt konsequent der Perspektive des Protagonisten Felix, der gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in der bayerischen Provinz die brutale Hackordnung der Nazi-Erziehung und die Gefahr, die von der Nazi-Diktatur für jeden Einzelnen ausgeht, hautnah erlebt.

Abgesehen davon gibt es bereits eine wahre Fülle von Filmen, die vom Verlust der Kindheit im Krieg erzählen. Ganz nach dem Motto von Vollbrecht wird der Verlust der Kindheit in ihnen als besonders berührender und erschütternder Aspekt eines Verlustes an Menschlichkeit betont. Kinder sind unschuldige Opfer. Der moderne Krieg wird nicht nur unter Soldat*innen ausgetragen. Von Terror und Mord ist die gesamte Bevölkerung betroffen. Auch der unschuldige und wehrlose Teil der Bevölkerung. Gerade wenn man auf die Klassiker schaut, dann wird deutlich, dass sie sich in ihren ethischen und erzählerischen Ansätzen im Vergleich zu den aktuellen Filmen doch eher an Erwachsene richten. Man merkt es an der Perspektive. Wir erleben in diesen Filmen die Außensicht von Erwachsenen auf Kinder und nicht die Innensicht von Kindern, die Schreckliches durchmachen. Und doch wurden Filme wie „Verbotene Spiele‟, „Der Krieg der Knöpfe‟ (Yves Robert, 1962) oder „Iwans Kindheit‟ mit den besten Absichten früheren Kindergenerationen nahegebracht. Mit Ausnahme von „Komm und sieh‟ umspielen sie oft symbolisch den Krieg und zeigen nur sparsam Kampfhandlungen und Kriegsverbrechen. Doch in dem, was Krieg mit Kindern macht, sind sie deutlich.

Lassen sich der Schrecken und die Verbrechen des Krieges überhaupt in einer Form erzählen, die Kinder nicht schockiert oder verstört? Was wäre gewonnen, wenn der Kriegsfilm selber zu einer seelischen Verletzung der jungen Zuschauer*innen führt? Dieses Dilemma hat heute im Umgang mit Filmen etwas mehr Gewicht. In früheren Zeiten schien der aufklärerische Wert von Kriegsplots für eine Entwicklung zu einer verantwortungsvollen Persönlichkeit höher bewertet worden zu sein gegenüber der Abwägung des Schutz- und Schonungsbedürfnisses des jungen Publikums. Doch Schonung und Schutz sind auch und gerade in der heutigen Medienwelt wohl kaum umfassend möglich.

Filmstill: Der Pfad
"Der Pfad" (c) Warner

Erträgliche Einblicke

Es ist unausweichlich, dass Kinder von aktuellen Kriegen aus den Nachrichten erfahren und von vergangenen Kriegen im Geschichtsunterricht. Kinder brauchen Orientierung. Alle Tore des Schreckens vor Kindern zu verschließen ist einfach nicht möglich. Besser ist es, ihnen erträgliche Einblicke zu geben und ihnen zu helfen, auch verstörende Eindrücke zu verarbeiten. Filme können größere und komplexere Bilder zeichnen als einzelne Nachrichten. Sie können Anlässe zur differenzierten Auseinandersetzung und emotionalen Bewältigung geben. So ist es nur zu begrüßen, dass die neueren Filme versuchen, konsequent bei der kindlichen Perspektive zu bleiben. Da bleiben historische und politische Umstände zwar teils leicht unterbelichtet. Doch für die kindliche Wahrnehmung und Einordnung des Krieges bleiben genügend Aspekte, die Kindern ein Bewusstsein von den Katastrophen der Kriege vermitteln.

„Das Glaszimmer‟ bietet ein gutes Beispiel dafür. Wohin führen die Heldenbilder der Nazis? Wohin führen Autoritätsgehabe, problematische Männlichkeitsbilder, Ausgrenzung, Rassismus und Sadismus? „Das Glaszimmer‟ gibt seinem Publikum einen intensiven Eindruck davon. Es vermittelt die Atmosphäre des Nazi-Regimes und das Chaos der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs sehr direkt. Wie weit sollte das junge Publikum von der radikalsten Darstellung kriegerischer Brutalitäten verschont bleiben und wie weit hat es andererseits einen Anspruch auf Aufklärung und Bewusstwerdung über historische und gesellschaftliche Katastrophenfälle, die sie mehr oder weniger auch selber betreffen könnten? Der Film „Das Glaszimmer‟ versucht sich an einer Antwort und nimmt eine nachvollziehbare und verantwortliche Position dazu ein. Er zeigt Verflechtungen und Verstrickungen auf – und zwar so, dass Kinder es ohne allzu viel historisches Vorwissen nachvollziehen können. Er unternimmt den Versuch, Krieg und Verfolgung ganz aus der Sicht der betroffenen Kinder zu erzählen und über die Perspektive der jungen Protagonist*innen zugleich dicht bei den Wahrnehmungswelten des jungen Publikums zu sein. Das war bei den Klassikern anders.

Eine Mahnung, die an Erwachsene gerichtet ist

Die Klassiker senden Botschaften an das pädagogisch fürsorgliche Herz von Erwachsenen, denen der Verlust der Kindheit durch den Krieg eine Mahnung sein soll. Die „verbotenen Spiele‟ sind Beerdigungsspiele. Kinder sollten eigentlich schönere Spiele spielen können. Doch in ihren Spielen verarbeiten die Protagonist*innen in René Cléments Klassiker ihre Erlebnisse: Paulette und Michel sind dem Tod im Zweiten Weltkrieg in ihren Familien begegnet. Ihr Spielplatz ist folglich ein selbst geschaffener Friedhof für tote Tiere.

Die A-priori-Feindschaft der Kinderbanden im Film „Der Krieg der Knöpfe‟, ein anderer französischer Klassiker unter der Regie von Yves Robert, ist eine Prämisse, die heute für sich genommen nicht automatisch verständlich ist. Filme wie dieser, brauchen bei der Rezeption eine historische Einbettung. Denn die Form von Lokalrivalität, in der sich Identitäten in Gruppengewalt bestätigen, hat sich als Männer-Attitüde im selben Maß überholt wie die Heroisierung von Kampf und Militarismus. Die Genese des Stoffes reicht zurück bis in die Ära vor dem Ersten Weltkrieg, in eine Zeit des fatalen Nationalismus. Die Romanvorlage von Louis Pergaud erschien im Jahr 1912. Die nach damaligem Verständnis „männlichen Tugenden“ Mut, Härte und Opferbereitschaft wurden in Wahlfeindschaften heraufbeschworen. Den Leser*innen und Zuschauer*innen von „Der Krieg der Knöpfe‟ fiel es früher leicht, hinter der Erbfeindschaft der Kinderbanden zweier Nachbardörfer die Feindschaft zwischen den prosperierenden europäischen Supermächten des aufkommenden Industriezeitalters zu erkennen. Übertragbar war der Stoff auch auf die Blockpolitik der Atommächte nach dem Zweiten Weltkrieg und es gibt sogar ein Remake von John Roberts aus dem Jahr 1994, das ihn recht stimmig in Beziehung setzt zum Nordirlandkonflikt in den 1970er- und 1980er-Jahren des letzten Jahrhunderts. „Der Krieg der Knöpfe‟ hat eine listige Brechung. Die Kriegsspiele der Kinder eskalieren. Eine typische Gewaltspirale könnte entstehen. Doch einerseits wird sie ausgebremst durch ein Gefühl für Fairness. Als ein Kaninchen zwischen die Kombattanten gerät, gibt es eine Kampfpause und die Rivalen kümmern sich gemeinsam um das verschreckte und leicht verletzte Tier. Der Clou aber ist die satirische Schlusspointe: Die Kinder kommen zu der Erkenntnis, dass sie nicht so dumpf enden wollen wie ihre Väter in ihrer lebenslangen Animosität. Sie haben ihre Lektion spielerisch gelernt und erkennen den Unsinn der Erbrivalität und des Militarismus. Nichtsdestotrotz ist der Weg dahin ein großes Abenteuer mit paramilitärischen Geländespielen, die bei John Roberts sogar den Stil von farbenprächtigen Samurai-Schlachten zitieren. Das ist Schaulust und Ironie in einem. Wenn Kindheit auf einen spielerischen Krieg trifft, dann kann auch etwas Gutes dabei herauskommen, indem die Dummheit von Feindbildern mit entwaffnender Naivität offen gelegt wird.

Zwischenfazit: Filme über Kindheit im Krieg als Mahnmal für Erwachsene, die verletzlichsten und unschuldigsten Mitglieder der Gesellschaft zu schützen – das ist in weiten Teilen der Ansatz der Klassiker. Die aktuellen Filme adressieren dagegen Kinder eher direkt als Publikum und vermitteln ihnen Einblicke in Leid und Unrecht des Krieges.

Filmstill: Die Gezeichneten
"Die Gezeichneten" (c) imago/United Archives

Authentisch und parteiisch

Es gibt noch einen dritten Weg: Filme, die sehr authentisch – ja teils sogar semidokumentarisch – von den Auswirkungen und Spätwirkungen des Krieges auf Kinder erzählen und dies sehr dezent und parteiisch tun. Als besonderes Meisterwerk sticht in diesem Feld Fred Zinnemanns Nachkriegsfilm „Die Gezeichneten‟ (im Original: „The Search‟, 1948) hervor. Ein US-Besatzungssoldat ringt sich dazu durch, einen Jungen zu adoptieren, den er auf der Straße in einem Ruinenfeld verletzt und hungrig aufgelesen hat. Den Jungen Karel, dessen Namen er anfangs nicht kennt, der ohne Familie und ohne Zuhause ist und der durch seine Traumatisierung die Sprache verloren hat. Der Soldat Ralph Stevenson recherchiert intensiv nach Angehörigen und als er die Suche schon aufgegeben hat, begegnet er durch Zufall der Mutter, die die Shoah als eine der ganz Wenigen überlebt hat. Das ist ein kleiner zarter Ton der Hoffnung in einem Getöse von Grauen, das im Hintergrund in den Erinnerungen der verlorenen und verzweifelten Kinder der Shoah nachklingt. Eines dieser Kinder ertrinkt auf der Flucht vor Uniformierten, die ihm eigentlich helfen wollen. Allein die Uniform triggert ein Trauma bei den Kindern, die das KZ überlebt haben. Hier ist die Tragik, ist das Grauen einmal im Vordergrund. Doch die Szene ist recht dezent inszeniert. Am Ende einer Verfolgungsjagd schwimmt die Mütze eines Kindes im Wasser und die Zuschauenden wissen, was diese Ellipse bedeutet. Die versprengten und obdachlosen Kinder haben jegliches Vertrauen in erwachsene Menschen verloren. Umso ergreifender ist das kleine Wunder, das der von Montgomery Clift sympathisch entspannt gespielte GI bei seinem Zögling Karel mit seiner intuitiven Pädagogik bewirkt.

Fred Zinnemanns Film bietet eine der ergreifendsten Geschichten über Krieg und Völkermord. Einen besonderen Realismus erlangt der Film dadurch, dass ein Teil der Aufnahmen der „Displaced Persons“, wie die Kinder ohne Zuhause und Familie genannt wurden, dokumentarisch ist. So dezent, sensibel und emotional ergreifend, wie der auf mehreren Ebenen historische Film erzählt, kann er ein Maßstab sein, wie man Kinder auch heute behutsam, gefühlvoll und verantwortungsvoll an ein schreckliches Thema heranführt. Wenn historische Bildung für Kinder, dann bitte so – und warum nicht gleich mit genau diesem Film? Nun ja: Vielleicht wegen der FSK-Freigabe ab 12 Jahren. Verglichen mit anderen Werken in dieser Stufe, wirkt ab 12 in diesem Fall freilich auch ein wenig „historisch“.

Unterschiedliche Gewichtungen

Absolut kein Fall für Kinder ist das freie Remake „The Search‟ von Michel Hazanavicius aus dem Jahr 2014, das das Motiv des stummen, kriegstraumatisierten Kindes aufnimmt und um mehrere parallele Erzählstränge erweitert, die es in sich haben. Der neunjährige Hadji muss mitansehen, wie seine Eltern und seine ältere Schwester von brutal entmenschlichten russischen Soldaten erschossen werden. Dieser Film will ein Augenöffner sein. Er steht klar auf der Seite des Kindheitsfilms als Mahnmal und als politischer Appell. Hauptfigur ist neben dem Kind Hadji eine Menschenrechtsaktivistin namens Carole. Carole recherchiert Augenzeugenbeweise von Opfern des Tschetschenien-Krieges, um einen Bericht für die Europäische Kommission zu erstellen.

Hacanavicius geht wie sein Vorgänger Zinnemann semidokumentarisch vor und flechtet in seinem Film Berichte von tschetschenischen Kriegszeug*innen und -opfern ein. Die Brutalität, die Willkür, der Zynismus und die Verlogenheit, mit der die russische Armee gegen die schutzlose Bevölkerung vorgeht, macht der Film gleich in der ersten Szene klar. Ein Soldat filmt mit einer erbeuteten Home-Video-Kamera eine wehrlose, unschuldige Familie, der völlig absurd das Etikett „Terroristen“ angeheftet wird. Die Propaganda will es so. Wir erleben dieses Intro zunächst aus der subjektiven Perspektive einer Handkamera mit dem zynischen Kommentar dessen, der die Beute-Kamera führt, des jungen Soldaten Kolia. Dieselbe Szene erleben die Zuschauer*innen noch einmal aus der Sicht des neinjährigen Kindes Hadji, Sohn des ermordeten Ehepaars und ihrer halbwüchsigen Tochter, der sich mit seinem Kleinkind-Bruder im Arm vor den Soldaten versteckt und durch diese traumatische Situation die Sprache verliert. In einer Parallelhandlung erzählt Hazanavicius von der Entmenschlichung des Soldaten Kolia vom Moment seiner unfreiwilligen Rekrutierung an. Der militärische Drill und die brutale Hackordnung machen ihn zu einem Unmenschen, dem jegliche Skrupel, Zivilist*innen und Kinder zu töten, abtrainiert werden. Da ist es wieder: Das Motiv der schwersten Schuld, die durch den Angriff auf wehrlose und unschuldige Kinder akzentuiert wird.

Filmstill: The Search
"The Search" (c) La Petite Reine/La Classe Américaine/Roger Arpajou

 

Allerdings erscheint Hazanavicius auch der Werdegang des Täters wichtig, dem selber übel mitgespielt wird. Der 20-jährige Kolia wird auf der Straße mit Drogen aufgegriffen und vor die Wahl gestellt: Militär oder Strafe. Nicht ahnend, was ihn erwartet, wählt er das Militär als vermeintlich geringeres Übel. Eine Tortur des Drills und der Erniedrigungen nimmt ihren Lauf. Kolias Persönlichkeit wird gebrochen, bis er emotional so pervertiert ist, dass er Skrupellosigkeit gegenüber den Schwächsten als zweifelhafte „Charakterstärke“ verinnerlicht hat. Nebenbei erscheint dies als einziger Weg, Akzeptanz in seiner Truppe zu erlangen. Dieser Film hat eine FSK-Freigabe ab 16. Schmerzvoll, niederschmetternd und schwer zu verkraften ist er allerdings in jedem Alter. Und das will er auch sein.

Eine der Szenen, die sich einbrennt, zeigt Carole in einem Gremium des Europäischen Parlaments. Ihr Bericht stößt auf allgemeines Desinteresse. Es ist so klar, dass Hazanavicius sich gegen das Wegschauen und Verdrängen wendet. Dabei möchte er offenbar kein pauschales Urteil über die Verstrickung von Soldaten und Bevölkerungsgruppen des Aggressorstaats fällen, wie der eingeschobene Handlungsteil mit Kolia zeigt. Er möchte vielmehr Systeme der Entmenschlichung und der Gleichgültigkeit anprangern. Für den Kolia-Erzählpart gibt es übrigens in der Vorlage von Zinnemann keine Entsprechung. In Zinnemanns Film strahlt ein Licht der Hoffnung – auch und besonders im karitativen Handeln der Soldaten.

Aufklärung über das Leid und Unrecht von Kriegen ist wichtig. Dass die Formen der Darstellung mit Blick auf die Eignung für das junge Publikum sehr unterschiedlich ausfallen können, das zeigt sich bei diesen sehr konträren Inszenierungen des Plots von „The Search‟. Als Randnotiz des Themas Antikriegs-Kindheitsfilme sei vermerkt: Zwei der eindringlichsten Werke – nämlich „Komm und sieh‟ und „Iwans Kindheit‟ – entstanden einst in der Sowjetunion. Welche Ironie angesichts der Historie und Politiken ihrer Nachfolgerstaaten.

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