Kritiken > Filmkritik
Kritiken > Die aktuellsten Kritiken > Pumuckl und das große Missverständnis

Pumuckl und das große Missverständnis

Der TV-Kobold ist zurück im Kino. Rosenmüller hält den Episodencharakter bei und bietet zugleich eine emotionale Achterbahn fürs junge Publikum.

In so einem Auto ist man schon lange nicht mehr gesessen, Kinder haben ein solches vielleicht noch nie gesehen. Auch Florian Eder wird ganz ehrfürchtig beim Anblick des alten Mercedes-Taxis, das da in der Werkstatt von Frau Hauser steht. So einen würde er gerne einmal fahren. Gewünscht, erfüllt: Wenig später sitzen ‚der Meister Eder und sein Pumuckl‘ in diesem Gefährt, in dem alles noch mechanisch und nichts elektronisch funktioniert, und fahren aufs Land zu Burgi, die Eders Hilfe zur Vorbereitung des Maifests benötigt.

Der Clou der Taxifahrt-Szene: An einem solchen Auto kann man Meister Eder gut erklären lassen, wie ein Auto funktioniert – Lenkrad, Scheibenwischer, Hupe. Die Szene ist einer der vielen Momente im Film, in denen man sich als Erwachsene freut, weil es den Macher*innen immer wieder gelingt, an die Welt des ‚alten‘ Pumuckls zu erinnern, als – in den 1980er Jahren – Gustl Bayrhammer in der Rolle des Meister Eder seinem Kobold die damalige Gegenwart verständlich machte.

Das Erklären der Menschenwelt ist auch Kern der Neuverfilmung, der TV-Serie, deren erste Staffel 2023 anlief, und des Kinofilms „Pumuckl und das große Missverständnis“. Der Klabautermann wundert sich, schimpft, staunt, und Eder sucht nach Erklärungen, die Pumuckl und gleichzeitig das Kinderpublikum verstehen und den Blick der Erwachsenen weiten. Dabei hinterfragt er unausweichlich auch die Systeme, in und mit denen wir leben, und so wie auch durch die Fragen des gezeichneten Kobolds in einer Realwelt lernen wir, mit anderen Augen draufzuschauen. Florian Brückner spielt Eder mit einer großen Ernsthaftigkeit. Dieser ist natürlich moderner als sein Onkel Franz und doch zeitlos, etwas verschroben und noch nicht fest verankert in der digitalisierten, mobil- oder KI-gelenkten Gesellschaft, was wiederum auch auf das Geschehen von einst verweist.

Und deshalb reizt Eder auch das Angebot von Burgi, die ihm beim Besuch zum Maifest vorschlägt, die Schreinerei ihres verstorbenen Ehemanns und Floris früherem Chefs zu übernehmen. Das würde auch bedeuten: Zurück aufs Land ziehen, sich in der Dorfgemeinschaft einbringen, die Münchner Werkstatt schließen. Als Pumuckl davon erfährt, ist er entsetzt: Wie kann Eder auch nur eine Sekunde über diesen Vorschlag nachdenken? Der Kobold ist ohnehin schon etwas säuerlich gestimmt: Das sollte doch eigentlich ein Urlaubswochenende sein, aber Meister Eder hält sich erst nur in der Werkstatt auf, um das alte Maibaumkarussell wieder zu in Gang zu bringen, am Abend geht er mit den Kolleg*innen zur Bandprobe, in der Früh zum Schwimmen. Für Pumuckl bleibt da keine Zeit, der soll sich umsehen, den Hof kennenlernen, auf den Maibaum aufpassen, das Landleben genießen. Beim Fest wird es dem Kobold dann zu bunt, und er macht sich allein auf den Weg zurück nach München, um sich traurig einen neuen Meister zu suchen.

Marcus H. Rosenmüller gelingt es auf kunstvolle Weise, verschiedene Themen – Freundschaft, Heimat und Zugehörigkeit – miteinander zu verknüpfen und sie für Kinder verständlich und spannend zu erzählen. Er behält den Episodencharakter der Serie bei und baut eine sanft emotionale Achterbahn für das Kinderpublikum auf, die als Spielfilm funktioniert. Es geht um das Leben in der Stadt und besonders auf dem Land, beide Figuren denken darüber nach, was ein Zuhause ist und wo dieses für sie liegt, was sie jeweils von der Beziehung zum anderen erwarten und wo ihr Platz ist in der Welt. Das ist zugänglich für Kinder wie nachdenklich stimmend für Erwachsene.

Zurück in München, landet Pumuckl direkt im Nationaltheater, von dem schon zuvor die Rede war, als Eder den Stab eines renommierten Dirigenten reparierte. Diesen Herrn könnte er sich gut als neuen Meister vorstellen, denkt sich der Pumuckl und versucht alles, um vor den Augen des Musikers klebenzubleiben. Mit der Oper präsentiert der Film dem jungen Publikum einen ganz anderen Ort – den der Klassischen Musik, die eine erhabene Wirkung auf alle Beteiligten hat. Die liebevolle Einbettung der Münchner Staatsoper in den Film zeugt von Rosenmüllers Begeisterung für das Opernhaus, erinnert ebenfalls an alte Fernsehfolgen und wirkt wie ein leidenschaftliches Plädoyer für die Hochkultur, deren Luft man ruhig auch heute noch schnuppern sollte – was viele Kinder nach dem Kinobesuch einmal machen wollen könnten.

Die Welt der Klassik steht Bayerns Dorftraditionen wie Maibaumklauen oder Blasmusik gegenüber, und ja, es wird bairisch gesprochen im Film, auch Maxi Schafroth, der Pumuckl seine Stimme leiht, darf in einer Cameo-Rolle auch seinen Heimatdialekt verwenden. Aber nicht nur bairische Varietäten sind zu hören, auch andere Regiolekte haben Eingang in den Film gefunden, überhaupt ist der Cast ein diverser. Und weil Pumuckl nachfragt, wenn er etwas nicht versteht, ist das gut verständlich wie lehrreich. Der Kobold liebt die Sprache, ist selbst ein Wortkünstler und reimt und erfindet auch im Film wieder einige geniale Wendungen. Die Drehbuchautoren Korbinian Dufter und Matthias Pacht haben sich erneut viele schöne Dialoge und pumuckl‘sche Wortschöpfungen ausgedacht, die erfreuen und entzücken – eben auch, weil sie den Blick auf unsere Welt reicher machen.

Altbekannte Figuren wie Frau Stürzlinger und Freund Michi, aber auch Nachbar Burke sind wieder mit von der Partie, und gerade letzterer zeigt sich von seiner herrlichsten Seite. Lothar Hermann Burke hat nämlich Geburtstag, und weil Florian Eder einfach zu nett ist, um ihn vor den Kopf zu stoßen, bereitet er ihm in spontanen Einfällen den besten Ehrentag seines Lebens. Darüber freut sich dieser mit kindlichem Stolz, was herzlich erzählt ist.

Als Mischform aus Realfilm und Animation erinnert der Kinofilm auch technisch an die alte Fernsehserie, haben sie die gezeichnete Pumuckl-Figur nur moderat modernisiert, im Kern aber beibehalten, auch wenn andere Modelle möglich gewesen wären. Sie hätten sich bewusst für einen 2D-Pumuckl entschieden, sagt Marcus H. Rosenmüller, auch wenn sie von der 3D-Animation fasziniert gewesen seien. Und das funktioniert und sieht sehr gut aus und passt auch zum Projekt: der wunderbar gelungenen Verbindung von aktuellen Themen und der zeitgenössischen Lebenswelt mit der nostalgischen Erwartung des Pumuckl-Publikums. Ein großes Hurra!

Verena Schmöller

 

© Constantin Film Verleih
5+
Spielfilm

Deutschland 2025, Regie: Marcus H. Rosenmüller, Kinostart: 30.10.2025, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 5 Jahren, Laufzeit: 97 Min., Buch: Korbinian Dufter und Matthias Pacht, basierend auf den Figuren von Ellis Kaut, Kamera: Stefan Biebl, Musik: Michael Regner, Schnitt: Georg Söring, Produktion: Simon Amberger, Korbinian Dufter und Rafael Parente, Verleih: Constantin, Besetzung: Florian Brückner (Florian Eder), Maximilian Schafroth (Pumuckl), Matthias Bundschuh (Lothar Hermann Burke), Gisela Schneeberger (Burgi Nitzinger), Ilse Neubauer (Frau Stürzlinger) u. a.

Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis Pumuckl und das große Missverständnis - Pumuckl und das große Missverständnis