Festivals | | von Reinhard Kleber
Von albern bis zeitintensiv
Pinnwand zum Festival Max Ophüls Preis 2025
Beim Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken, dem wichtigsten Forum des deutschsprachigen Nachwuchsfilms, befassen sich die Filmschaffenden oft mit Themen, die in engem Bezug zu eigenen Erfahrungen in Kindheit und Jugend stehen. Oder mit Affen. Vier Notizen zum Festival.

Anfang mit „A“
Warum heißt der Affe Akiko? Das fragte ein junger Zuschauer nach der Vorführung des Kinderfilms „Akiko – Der fliegende Affe“ (Veit Helmer, 2024) in Saarbrücken. „Wenn der Affe einen Namen hat, ist der Film international verständlicher“, sagte der Regisseur Veit Helmer. „Außerdem ist es schlau, wenn der Name mit A anfängt, weil der Film dann in alphabetisch geordneten Liste vorne auftaucht.“ Der Film erzählt, wie der Zooaffe Akiko von seinem Großvater beauftragt wird, die verwandten Affen im Wald zu suchen, die dann ihre Artgenossen aus dem Zoo befreien sollen. Im Film wirken auch Menschen mit, die in Affenkostüme schlüpften. Wohl sehr überzeugend, wie Helmer erläuterte: „Die echten Affen hatten vor den halbechten Affen Angst.“
Provozierende Weltretter*innen
Manche Filme beginnen vielversprechend, können dann aber die Erwartungen nicht erfüllen. Der Debütspielfilm „Nulpen“ von Sorina Gajewski ist so ein Fall. Sie erzählt von zwei Jugendliche, die im Sommer durch die Berliner Straßen wandern und dabei allerlei Unfug anstellen. Ramona und Nico, gespielt von Bella Lochmann und Pola Geiger, profilieren sich mit frechen Parolen und provokativen Verhaltensweisen als Bad Girls mit Streetwise-Qualitäten. Wunderbar wenn eine der beiden erst versucht, einen Kioskbesitzer zu beklauen, und dann hartnäckig mit ihm über eine Verlängerung ihres Mini-Kredits für ein Getränk und eine Tüte Chips verhandelt.
Doch je länger die Streifzüge der Teenagerinnen durch die Stadt auf der Suche nach Ramonas jüngerem Bruder Noah sowie einem seltenen Vogel, den sie freigelassen haben, dauern, umso mehr geht dem Low-Budget-Film die Luft aus. Die Hauptfiguren bleiben statisch, veritable Konflikte oder dramatische Zuspitzungen fehlen. Doch dann gelingen Gajewski geradezu magische Momente. Auf einem Hochhausdach finden sich die Jugendlichen plötzlich vor einer bewaldeten Hochgebirgsfelswand wieder. Oder der kleine Bruder verkündet vor einem alten Mann erstaunlich selbstbewusst: „Wir sind die Generation, die die Welt retten muss.“

Tom schwört auf Blau
Der zehnjährige Tom hasst die Farbe Rot. Und zwar so sehr, dass er es vermeidet, durch eine rote Tür zu gehen. Dafür liebt er Blau. Der Protagonist in Sarah Winkenstettes Kinderfilm „Grüße vom Mars“ ist auch sonst anders als viele andere Kinder. Er mag keinen Lärm und keine Veränderungen, dafür sind ihm regelmäßige Abläufe wichtig. Außerdem hat Tom einen großen Traum: Er will Astronaut werden und zum Mars fliegen. Spätestens als Tom aus der gewohnten Routine ausbrechen und mit seinen beiden Geschwistern zu einem unfreiwilligen Aufenthalt bei den Großeltern aufs Land reisen muss, wird deutlich, dass bei Tom eine Autismus-Spektrum-Störung vorliegt. Die einfallsreiche Inszenierung setzt nicht nur auf eine ausgefeilte Farbdramaturgie, sondern geht auch sonst sehr einfühlsam mit dieser Thematik um und macht Toms eigenwilliges Verhalten und die Herausforderungen für die Angehörigen so für ein junges Publikum anschaulich.
Slow Filmmaking
Viele abendfüllende deutsche Film- und Fernsehfilme werden im Schnitt in vier Wochen gedreht. Für „Ninja Motherf*cking Destruction“ brauchte die Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin Lotta Schwerk acht Jahre – allerdings drehte sie ihren Spielfilmerstling in Etappen. „Seit 2017 haben mein Team und ich jedes Jahr vier bis fünf Tage gedreht“, berichtet Schwerk nach der Uraufführung in Saarbrücken. Die beteiligten Schauspieler*innen und Crew-Mitglieder kenne sie seit der Schulzeit, gemeinsam habe man schon zuvor mehrere Kurzfilme realisiert. Emma Suthe – die Darstellerin der Leonie – ergänzt, das schönste sei „die Gewissheit“ gewesen, „sich jedes Jahr für eine weiteren Drehblock wiederzusehen“.
Der Film erzählt von der tiefen Freundschaft zwischen den jungen Frauen Leonie und Marlene aus Berlin, die durch Romanzen und berufliche Entscheidungen auf harte Proben gestellt wird. Das außergewöhnliche Projekt sei ohne Förderungen zustande gekommen, sagt Schwerk. In das Minibudget von 10.000 Euro seien nur einige Preisgelder der Kurzfilme geflossen. Die Regisseurin hat nach eigenen Angaben versucht, die jährlichen Erzähleinheiten planerisch in einen großen Bogen einzubinden. Das habe aber nicht immer geklappt, so Schwerk: „Mit 18 Jahren konnte ich mir zum Beispiel überhaupt nicht vorstellen, wie ich mit 25 Jahre lebe.“