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Editorial | | von Stefan Stiletto

Von kopierten Löwen und kopierenden Bären

Déjà-vus mit Löwenkönigen, Außerirdischen und Meerjungfrauen. Engagierte Programmkinos, die diesen Menschenköniginnen, Waldgeister und leuchtende Kinder zur Seite stellen. Und raubkopierende Bären auf der Flucht und der Suche nach einem neuen Job.

Filmstill aus Der König der Löwen (2019)
"Der König der Löwen" (2019) (c) Walt Disney

Moment! Haben wir das nicht schon mal gesehen? Anlass für solche Déjà-vus jedenfalls gab es im Laufe des letzten Dreivierteljahrs gleich mehrfach, liefen in diesem doch das Prequel „Mufasa: Der König der Löwen“ sowie die Neuadaptionen „Schneewittchen“ und „Lilo & Stitch“ im Kino. Drei Filme, mit denen Disney an bestehende Klassiker anknüpft und diese noch einmal in neue Formen gießt – und damit kommerziell erfolgreich fortsetzt, was 2015 mit Kenneth Branaghs „Cinderella“-Version begonnen wurde. Viele jener Trickfilme, die das Studio legendär gemacht haben, gibt es mittlerweile in zwei Versionen. Rochus Wolff ist für uns in diese Disney-Welten irgendwo zwischen Remake und Remix, Live-Action und Animation eingetaucht und hat zu ergründen versucht, ob es all diese Neuadaptionen denn nun wirklich braucht, wie sie sich anfühlen und wie sie sich zu den Originalen verhalten. Gefunden hat er das Pinocchio-Problem.

Königlich

Pinocchio hin oder her – an den Kinokassen funktionieren die meisten dieser Disney-Remixe ziemlich prächtig und sind insofern eine wichtige Säule für das Kinderprogramm. Das gilt nicht nur für Multiplexe, sondern auch für kleinere Kinos. Zum Beispiel für die Lichtspiele Kalk in Köln, die Reinhard Kleber in unserer Reihe über vorbildliche Kinderkinos vorstellt. Hinter einer unscheinbaren Häuserfassade wird hier neben Blockbustern ein sorgfältig kuratiertes und mutiges Programm für Kinder angeboten, das dem frechen Außerirdischen Stitch die introvertierte Königin von Niendorf zur Seite stellt. Oder Nachbar Totoro. Oder Tony, Shelly und ihr magisches Licht.

Filmstill aus Tony, Shelly und das magische Licht
"Tony, Shelly und das magische Licht" (c) eksystent

Bärig

Während es in unseren neuen Hintergrundtexten vor allem um Filme für Kinder geht, beleuchten unsere neuen Kritiken vor allem Filme für Jugendliche. Ein bisschen schwer verständlich (aufgrund des Dialekts), aber eben auch sehr eigen und lokal verortet, ist „Milch ins Feuer“, mit dem der Sommer auch auf der Kinoleinwand ausklingt. Fantastisch-düster und atmosphärisch wird es in „Closet Monster“, der zwar schon aus dem Jahr 2016 ist, aber nun unbedingt eine Wiederentdeckung via Stream lohnt. Falls Sie den wunderbaren australischen Puppentrickfilm „Memoiren einer Schnecke“ verpasst haben, sollten Sie sich den Releasetermin Anfang Oktober fürs Heimkino schon einmal vormerken. Und wenn Sie vorher unbedingt noch einen Knetfilm sehen wollen, als Einstimmung sozusagen, dann legen wir Ihnen „Catch Up!“ ans Herz, in dem es analog zu unserem Disney-Text auch ums Kopieren geht. Genauer: Um zwei raubkopierende Bären. In ihrem Jugendzimmer haben die jungen Regisseure Anton und Justus Krämer, damals 17 und 20 Jahre alt, den Film gedreht, 2024 dafür beim Bundesfestival.Film den 1. Platz in ihrer Altersgruppe gewonnen und nun sogar den Sprung ins TV geschafft. Ihr Film läuft gerade in der Mediathek der ARD – was wir einfach großartig finden!

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