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Karate Kid: Legends

Im Kino: Neuauflage des Kultfilms von 1984. Psychologisch stärker unterfüttert, dafür mit zwiespältigen Botschaften in puncto Gewalt.

Der junge Li Fong ist ein meisterlicher Kung-Fu-Kämpfer. Doch als er mit seiner Mutter nach New York ziehen muss, verspricht er ihr, mit den Wettkämpfen aufzuhören. Sehr zum Leitwesen seines Onkels, dem Kung-Fu Lehrer Mr. Han, bei dem er den Kampfsport erlernt hat. In New York lernt Li Fong die junge Mia kennen, deren Vater eine Pizzeria betreibt. Als Li Fong und Mia sich anfreunden, bekommt der Neuankömmling schnell mit, dass Mias Vater in Schwierigkeiten steckt. Er hat Schulden bei dem örtlichen Kredithai und Gangsterboss O‘Shea, die er nicht zurückzahlen kann. Li Fang erfährt hautnah, dass die Gang beim Schuldeneintreiben nicht zimperlich ist. Um dem ehemaligen Boxer zu helfen, beginnt er, anfänglich gegen Mias Willen, Victor zu trainieren. Er bringt ihm die Schnelligkeit und Beweglichkeit des Kung-Fu bei. Schließlich traut Victor sich zu, ein letztes Mal für einen oder zwei Kämpfe in den Ring zurückzukehren, zu gewinnen und mit dem Preisgeld seine Schulden zurückzuzahlen. Doch der Plan geht schief. Li Fang fühlt sich schuldig. Die Gefühle sind aber auch Ausdruck eines Traumas, das er ein Jahr zuvor durch den Tod seines geliebten Bruders erlitten hat. Um sich von seinen Schuldgefühlen zu befreien, beschließt Li Fang im Rahmen eines Streetfight-Wettbewerbs gegen Conor Day, den amtierenden Karatemeister, anzutreten und ihm das Preisgeld von 50.000 Dollar wegzuschnappen.

Diese Entscheidung der Hauptfigur wird durch die Handlung von „Karate Kid: Legends“ gleich dreifach motiviert: Zum einen hofft Li Fang auf das Preisgeld, um Victor zu ermöglichen, seine Schulden zurückzuzahlen. Zum zweiten hat Li Fang mit Conor, Mias Ex-Freund, noch eine Rechnung offen. Da Conor im örtlichen Kampfsportstudio trainiert, das dem Gangsterboss gehört, will Li Fang durch einen Sieg nicht nur dessen „Schützling“, sondern auch O‘Shea selbst eine Lektion erteilen. Mit der Hilfe seines, aus China angereisten Onkels Mr. Han und des legendären Daniel „Karate Kid“ La Russo, mittlerweile ein berühmter Karatemeister, schafft es Li Fang in kurzer Zeit eine Mischung aus Kung-Fu und Karate zu erlernen. Mit dieser besonderen Technik glaubt er, Conor besiegen zu können. Doch der Kampf wird hart.

„Karate Kid: Legends“ ist der 5. Film des Franchise und knüpft direkt an die Netflix-Serie „Cobra Kai“ (6 Staffeln, 2018-2025) an, in der die Geschichte der beiden Kontrahenten des ersten Films, Daniel „Karate Kid“ LaRossa und Johnny Lawrence, nach mehr als 30 Jahren wieder aufgenommen und weitererzählt wird. Ralph Macchio als LaRossa spielt nun auch im aktuellen Kinofilm weiter eine wichtige Nebenrolle, Lawrence-Darsteller William Zabka hat am Ende einen kurzen Cameo-Auftritt. Der Titelzusatz „Legends“ dürfte zudem durch die Performance von Jackie Chan begründet sein. Die legendären Figuren aus dem „Karate Kid“-Universum umstellen allerdings nur die Figur des jungen Li Fang, dessen Geschichte und Entwicklung im Zentrum steht. Hierbei orientiert sich der Kernkonflikt des aktuellen Films, der Kampf zwischen Li Fang und Conor, zwar stark an der Konstellation des ersten „Karate Kid“-Films von 1984, doch in „Karate Kid: Legends“ ist dieser Konflikt viel stärker in der Psychologie der Hauptfigur Li Fangs begründet. Die Verarbeitung seines Traumas als wichtige Phase seines Erwachsenwerdens steht im Mittelpunkt. Allerdings ist der Moraltransfer, den der Film in seiner Darstellung dieser Aufarbeitung durch Kampfsport vermittelt, zwiespältig: Durch die Gegenüberstellung des bösen O’Shea („Wir kämpfen, um zu töten“) mit Mr. Han, („Es geht im Kampf nicht ums Siegen, sondern darum, niemals aufzugeben“) macht der Film deutlich, welche gegensätzlichen moralischen Prinzipien sich im Fight Li Fang-Conor gegenüberstehen. Der Showdown wird schließlich nicht nur verdeutlichen, welch eine hohe Dramatik in der Aussage von Mr. Han steckt, sondern auch zeigen, welcher Grundsatz obsiegen sollte.

„Niemals aufzugeben“ ist eine sehr gängige Botschaft gerade US-amerikanischer Coming-of-Age-Filme, in deren Tradition auch „Karate Kid: Legends“ gesehen werden kann. Zwar plädiert der Film in mehreren Szenen für einen gewaltfreien Umgang miteinander jenseits des Rings oder Wettkampf-Areals. Ein anderes Verhalten, etwa durch Conor, wird negativ bewertet. Gleichwohl nutzt Entwistles Film die Kampfszenen, unterlegt u.a. mit den treibenden Elektrobeats von Kavinsky, für eine deutlich auf Spektakel und Sensation spekulierende Gewaltdarstellung. Dadurch bleibt die Anti-Gewalt-Botschaft des Films äußerst zwiespältig.  

Werner Barg

© Sony Pictures
14+
Spielfilm

USA 2025, Regie: Jonathan Entwistle, Kinostart: 29.05.2025, FSK: ab 12, Empfehlung: ab 14 Jahren, Laufzeit: 93 Min., Buch: Rob Lieber, Kamera: Justin Brown, Musik: Dominic Lewis, Schnitt: Dana E. Glauberman, Produktion: Karen Rosenfeldt, Jenny Hinkey, Ralph Macchio, Verleih: Sony Pictures, Besetzung: Ben Wang (Li Fong), Jackie Chan (Mr. Han), Ralph Macchio (Daniel LaRusso), Joshua Jackson (Victor Lipani), Sadie Stanley (Mia Lipani)

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