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Star Wars: Skeleton Crew

Auf Disney+: Lost in Space. Die erste Serie aus dem „Star Wars“-Universum mit Kindern in den Hauptrollen.

Ewig lange Raumschiffe, surrende Laserschwerter, in Hyperspeed vorbeisausende Sterne, kuriose Aliens, ein röchelnder Diktator und ein junger, sagen wir mal, magiebegabter Held – so sah das „Star Wars“-Universum lange aus. Jugendliche hatten darin schon immer einen Platz, schließlich war Luke Skywalker zu Beginn der Saga noch keine 20 Jahre alt. Und mit der Prequel-Trilogie gar wurde ohnehin aus der Kindheit und Jugend der Protagonist*innen erzählt. So ungewöhnlich also ist es gar nicht, wenn die Serie „Skeleton Crew“, die zeitlich nach „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ (Richard Marquand, 1983) angesiedelt ist, nun eine Gruppe älterer Kinder in den Mittelpunkt stellt. Während Parallelserien wie „Andor“ (seit 2022) oder „The Mandalorian“ (seit 2019) eher düster wirken, geht es hier mehr um die Quintessenz einer Geschichte aus dem von George Lucas erdachten Sternenkriegsuniversum: um ein fantasievolles großes Abenteuer, das gleich noch abenteuerlicher wird, wenn eben nicht gestandene Held*innen quer durch die Galaxie geschickt werden, sondern noch unerfahrene und weitgehend behütet aufgewachsene Schüler*innen, deren größtes Problem bislang die Prüfungen in der Schule waren.

Eine Mischung aus Dummheit, Neugier und Angeberverhalten führt Wim und seinen besten Freund Neel sowie die beiden Klassenkameradinnen Fern und KB eines Tages in ein Raumschiff, das sich unter einem Erdhügel verborgen gleich in der Nachbarschaft befindet. Das Schiff wird gestartet, die Kinder heben ab, durchbrechen den Schutzschild ihres Planeten, düsen mit Unterstützung eines Droiden los – und sind plötzlich ganz weit draußen. Sich in einer fremden Stadt zu verlaufen, ist eine Sache. Sich in einer Galaxie zu verfliegen, eine ganz andere. Vor allem dann, wenn niemand den Namen des Planeten kennt, von dem man kommt. Sie wollten doch nur wieder zurück nach At Attin, meinen die Kinder. Und wecken damit das Interesse einiger erwachsener menschlicher und nicht-menschlicher Gestalten, denen sie bei ihrem ersten Zwischenstopp auf einem Piratenplaneten begegnen. Denn nach At Attin, wo sich immense Reichtümer befinden sollen, würden diese auch gerne reisen. Ein Grund, weshalb die Bewohner*innen von At Attin seit jeher um die Koordinaten ihres Planten ein großes Geheimnis gemacht haben.

Lost in Space zu sein erhält so für Wim, Neel, Fern und KB eine ganz konkrete Bedeutung. Die einzige Person, die ihnen in dieser misslichen Lage helfen kann, ist der dubiose erwachsene Jod Na Nawood, den sie in einem Gefängnis auf dem Piratenplaneten kennenlernen. Jod scheint Jedi-Kräfte zu besitzen, auch wenn er sich ganz und gar nicht so ehrenwert verhält, wie man es von einem Jedi erwarten würde. Aber den Kindern bleibt keine Wahl. Gemeinsam mit Jod machen sie sich auf die Suche nach At Attin.

Die Regie-Riege der Serie ist durchaus illuster – wobei vor allem zwei Namen ins Auge fallen: Jon Watts (der hier auch als Showrunner fungierte) sowie David Lowery. Mit den jüngsten Realfilmen um Spider-Man („Homecoming“, „Far From Home“ und „No Way Home“, 2017 bis 2021) hat Watts bereits sein Händchen für abenteuerliche Coming-of-Age-Stories bewiesen, während Lowery bei dem Kinderfilm „Elliot, der Drache“ (2016) die Vorlage durch eine stimmungsvolle poetische Ebene bereichert hat. Für solcherlei Atmosphäre ist in der „Star Wars“-Welt zwar eher weniger Raum; dennoch gelingt Watts und Lowery, die die ersten drei Episoden inszeniert haben, ein guter Einstieg auf Augenhöhe mit den jungen Protagonist*innen und eine schöne Balance zwischen Action, Witz und Staunen.

Nichts anderes soll die Serie sein. Eine Bewährungsprobe für vier junge Held*innen, die im Laufe ihrer Reise über sich hinauswachsen müssen, sich dabei streiten und wieder versöhnen, träumen und schließlich ihren Eltern beweisen, dass sie nicht mehr so viel Schutz brauchen, wie diese bislang annahmen. Nur dass das Abenteuer hier eben nicht nur ein paar Kilometer entfernt vom Elternhaus stattfindet und alles ein bisschen größer ist.

Ihren Reiz erhält die Serie durch die im Kontext dieses Filmuniversums in jüngster Zeit etwas abhanden gekommene Leichtigkeit, aber auch, weil bekannte Muster des Coming-of-Age-Films hier in anderer Kulisse stattfinden – was „Skeleton Crew“ dann auch den Vergleich mit den „Goonies“ (Richard Donner, 1985) eingebracht hat. Piraten und Piratenschiffe ganz anderer Art gibt es auch hier im All, Schätze sowieso und ohne Freund*innen ließe sich das Abenteuer nicht bestehen. Das Bekannte lässt sich neu erleben.

Gleichwohl steht die Frage im Raum, ob das Konzept sich nicht besser in Form eines einzelnen Spielfilms hätte erzählen lassen. Auf Dauer wird das Planet-Hopping trotz der Schauwerte etwas zäh und die Episoden erzählen nicht so viel über die Kinder, wie es wünschenswert gewesen wäre. Aber vielleicht ist auch das der Fluch der Seriendramaturgie, wo der ersten Staffel oft nur die Rolle der Exposition zukommt.

Stefan Stiletto

© Disney+
12+

USA 2024, Serien-Idee: Christopher Ford, Jon Watts, Regie: Jon Watts, David Lowery, Bryce Dallas Howard, Daniel Kwan, Daniel Scheinert, Jake Schreier, Lee Isaac Chung, Homevideostart: 04.12.2024, FSK: ab 12, Empfehlung: ab 12 Jahren, Laufzeit: 8 Episoden à 32-47 Min., Buch: Christopher Ford, Jon Watts, Myung Joh Wesner, Kamera: Sean Porter, David Klein, Musik: Mick Giacchino, Schnitt: Andrew S. Eisen, Terel Gibson, Katheryn Naranjo, Produktion: John Bartnicki, Susan McNamara, Verleih: Disney+, Besetzung: Jude Law (Jod Na Nawood), Ryan Kiera Armstrong (Fern), Kyriana Kratter (KB), Robert Timothy Smith (Neel), Ravi Cabot-Conyers (Wim) u. a.