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Der Prank – April, April!

Im Kino: Ein Film wie eine „Nonsense Maschine“. Selbst wenn manchmal nicht alles bis ins Detail passt – ein großer Spaß ist es allemal!

Es beginnt mit einem elaborierten, primär aber übermäßig kompliziertem Aprilscherz daheim und endet in der Sporthalle eines Berliner Gymnasiums mit Prügelei, fallenden Medizinbällen und einer großen Portion Mehl: „Der Prank – April! April!“ ist die Rube-Goldberg-Maschine unter den „besonderen Kinderfilmen“, ein Film, der seine eigene Metapher bereits in den ersten fünf Minuten inszeniert.

In der Küche von Familie Roosen erschrickt Mutter Maria (Laura Tonke) erst vor der rauchenden Katze in der Mikrowelle, dann surren die Bänder, rollen die Mechanismen, Toast wird geschmiert, Kaffee über den ganzen Tisch verschüttet, bevor die echte Katze (wohlbehalten maunzend) in einem Käfig enthüllt wird. Wie Wikipedia die Rube-Goldberg beschreibt: „eine Nonsens-Maschine, die eine bestimmte Aufgabe absichtlich in zahlreichen unnötigen und komplizierten Einzelschritten ausführt“.

Lucas Roosen (Noèl Gabriel Kipp) und sein Gastschüler Xi Zhōu müssen zur Schule laufen, weil Schaaf sie nicht im Auto mitnehmen mag. Der Möchtegern-Rapper und Freund von Lucas’ großer Schwester Caro fährt Pizzen aus, bis der musikalische Durchbruch kommt. Und als Aprilscherz – Prank! – tauscht Xi eine der Pizzakartons in Schaafs Auto aus.

Und damit nimmt die Rube-Goldberg-Maschine des Drehbuchs Fahrt auf: Schritt für Schritt weiten sich die Folgen dieser kleinen Handlung aus, getrieben von Zufällen und vielen Entscheidungen auf sehr unvollständiger Datenbasis. Es könnte Screwball sein, läge es wirklich in den Charakteren begründet, stattdessen sieht man eher einem konstruierten Schmetterlingseffekt dabei zu, wie ein Kartontausch einen Wirbelsturm, pardon, Showdown auf Schul-Linoleum hervorruft.

Denn im Karton, den Xi Schaaf entwendet hat, dampft keine Prosciutto, sondern liegen stapelweise abgepackte Hundert-Euro-Scheine. Schutzgeld, vermuten Lucas und Xi gleich, auf jeden Fall irgendetwas mit krummen Geschäften – Schaaf braucht das Geld sofort zurück, Lebensgefahr! (Immerhin: Die Jugend beweist hier einen klaren moralischen Kompass.)

Und dann geht es los: Der Karton muss zurück ins Auto, aber selbst als das gelingt, passieren alsbald andere Dinge, die neue Folgen haben. Am Ende sind involviert: zwei etwas begriffsstutzige Polizist*innen, wie sie in fast jeden deutschen Kinderfilm gehören, ein Mafioso mit seinen Muskelkumpanen, ein Trupp Auto- und Grillfanatiker (ebenfalls muskulös) sowie eine Gruppe sich grimmig gebender Gangsterrapper unter Leitung der bekannten Miss Nelly (Patricia Pembele aka „Die P“).

Die beiden Jungs düsen derweil per E-Roller, U-Bahn und zu Fuß durch die Stadt, bevor sie auch noch einen Tesla klauen, weil sie dessen Selbstfahrmodus nutzen können (eine Sequenz, die durch die aktuelle politische Entwicklung in den USA sehr schnell sehr schlecht gealtert ist).

Ihre Reisestationen sind dabei aus geographischer Sicht großer Quatsch, aber es gehört bei Berlinfilmen spätestens seit „Lola rennt“ (Tom Tykwer, 1998) und „Emil und die Detektive“ (Franziska Buch, 2000) zum guten Ton, dass das Stadtbild topologisch gesehen keinen Sinn ergibt. Es geht aber ja eh nicht um Realismus: Im Berlin dieses Films ist es am 1. April so warm, dass alle nur in T-Shirts herumlaufen.

Manche der wilden Ideen, die sich im Drehbuch von Benjamin Heisenberg und Peer Klehmet häufen, wollen mit dem Rest der Handlung nicht so recht verschmelzen – etwa das Klaviervorspiel von Lucas’ Schwarm Charly, das durch die Sache mit dem Pizzakarton gefährdet wird. Es wird als zusätzlicher Aspekt eingeführt, der Lucas unter Druck setzt, und hängt dann unverbunden und unbeholfen am ganzen Rest dran.

Aber das ist ein Seitenarm dieser Rube-Goldberg-Maschine von einem Film, die gelegentlich etwas laut, immer mal wieder etwas holprig und dennoch flott abläuft, dabei jede Menge Kaffee und Weizenmehl in der Gegend rumpustet und aber stets den Eindruck macht, dass es wahnsinnig viel Spass gemacht hat, das ganze Ding zu planen und aufzubauen.

Rochus Wolff

© Port-au-Prince
11+
Spielfilm

Deutschland, Schweiz 2024, Regie: Benjamin Heisenberg, Kinostart: 13.03.2025, FSK: ab 6, Empfehlung: ab 11 Jahren, Laufzeit: 91 Min., Buch: Benjamin Heisenberg, Peer Klehmet, Kamera: Timon Schäppi, Schnitt: Roman Stocker, Ton: Patrick Storck, Produktion: Matthias Miegel, Andreas Banz, Robert Thalheim, Verleih: , Besetzung: Noèl Gabriel Kipp (Lucas), Max Zheng (Xi Zhōu), Maïmouna Rudolph–Mbacké (Charly), Jana McKinnon, Cedric Eich (Schaaf), Patricia Pembele aka „Die P“, Mehdi Nebbou, Laura Tonke u. a.

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