Generation Z
In der ZDF-Mediathek: In der britischen Gemeinde Dambury werden Senior*innen zu Zombies – und plötzlich ist die Jugend nicht mehr sicher.
Wenn ich ein Zombie wär, dann hätte ich keine Sorgen mehr? Unentschieden war diesbezüglich schon die Band „Die Ärzte“, die 2003 auf ihrem Album „Geräusch“ die Songs Anti-Zombie und Pro-Zombie veröffentlichte. Schließlich hat es auch etwas für sich, die Jäger*innenseite einzunehmen. Aus diesem interessanten Spannungsfeld speist sich – zumindest auf dem Papier – die britische Horror-Satire-Serie „Generation Z“.
Eines Nachts verunglückt ein Truck, der mysteriöse Chemikalien geladen hat, ganz in der Nähe des Altersheimes von Dambury. Die toxische Ladung entweicht und verwandelt die Bewohner*innen der Altersresidenz in Zombies, die allerdings ihren menschlichen Intellekt beibehalten und fortan, beseelt von der neuen Stärke und den Möglichkeiten, die sich ihnen eröffnen, Jagd auf alle jüngeren Gemeindemitglieder machen. Während eine Truppe Teenager sich den Neuzombies in den Weg stellt, haben Militär und Regierung schon beschlossen: Ganz Dambury muss dem Erdboden gleich gemacht werden!
Den besten Gag liefert die Serie gleich mit ihrem Titel, weist er doch sofort auf ihr Kernthema hin: der Generationenkonflikt, ausgetragen mit dem Mitteln einer Zombie-Komödie. Ähnlich wie Diskussionen und Dispute zwischen Generationen verhandelt auch das Zombie-Subgenre meist einen Wandel: die eine Gesellschaft geht, die andere kommt – und vielleicht muss das, was nachkommt, das vorangegangene erst verzehren, damit etwas Neues entstehen kann. Der Lauf der Dinge in der brachialen Variante, könnte man sagen. In „Generation Z“ stemmen sich die Alten, die (fast) die Einzigen sind, die sich infizieren, gegen ihren Bedeutungsverlust, gegen ihr langsames Ausscheiden aus Gesellschaft und Welt: Schaut her, wir sind noch da, und jetzt fressen wir euch als Rache dafür, dass ihr uns an den gesellschaftlichen Rand, in ein Altersheim „abgeschoben“ habt. Bon Appetit!
Dabei beweist die Serie mitunter einen deutlichen Willen zu echtem Horror, was an dieser Stelle nicht mit saftigen Spezialeffekten (von denen es auch einige gibt) gleichzusetzen ist. Denn die zombiefizierten Rentner*innen entdecken schnell, dass ihnen vor allem ihre nächsten Verwandten am besten schmecken. Sollten Kinder und Enkel also präferiert gefressen werden? So die jahrelang angestauten intrafamiliären Aggressionen ausgelebt werden? Die Diskussionen, die um dieses Thema geführt werden, sind so ziemlich das grausigste, was die Serie zu bieten hat. Auch sie korrigieren die Hemmschwelle in Bezug auf Gewalt und amoralisches Verhalten deutlich nach unten. Hier zeigt sich, dass aus „Generation Z“ auch eine blutigere Variante der französischen Serie „The Returned“ hätte werden können, die auf ernste, melancholische, aber oft nicht minder unheimliche Art und Weise den Stellenwert von Menschen in einer Gesellschaft diskutierte, aus der sie eigentlich bereits ausgestiegen waren.
Doch Creator Ben Wheatley war wohl der Meinung, dass die Prämisse „Generationenkonflikt via Zombies“ nicht als reines Drama funktionieren würde und reicherte „Generation Z“ mit allerlei mehr oder weniger zündendem Humor an. Dieser funktioniert in den meisten Fällen nur bedingt, weil die dramatischen Momente dadurch einen forcierten Spin bekommen, der die Wirkung schmälert. Diese Herangehensweise führt mitunter auch dazu, dass deplatziert wirkende Figuren wie der enervierende Steff, verkörpert von Lewis Gribben, den tonalen Schwankungen der Serie quasi ein Gesicht geben. Denn einerseits möchte „Generation Z“ irgendwie locker-leicht und augenzwinkernd daherkommen, auf der anderen Seite aber auch jedes Genre-Klischee mitnehmen. So wechseln sich lustig gemeinte Gewalttätigkeiten wie der Missbrauch eines Hundes als „Handpuppe“ mit unironischen Horrorelementen beständig ab, was die Serie schlussendlich davon abhält, eine eigene, klare Identität zu entwickeln.
Ich bin edgy, aber auch lustig (hoffe ich), ich mache mir meine eigenen Gedanken, kann aber auch nicht dieses und jenes Klischee liegen lassen, weil es in so gut wie jedem Zombiemedium vorkommt? Das kann funktionieren, ist hier aber auf Dauer ermüdend und führt dazu, dass sich die gerade einmal 6 Folgen doch länger anfühlen, als sie es müssten.
Am Ende schließlich, wenn man sich durch all die Klischees, die genuin tollen Momente und den charakterlichen Leerlauf, hindurchgearbeitet hat, verspricht „Generation Z“ dann aber doch etwas Originelles, einen Gedankengang, der den Generationenkonflikt weiterspinnt: Was, wenn das Dasein als Zombie erst der Anfang war? Wenn all die Gewalt, die Konflikte nur ein Zwischenschritt waren? Urplötzlich eröffnen sich ganze Welten der Interpretation, des Fortspinnens einer Geschichte. Und man erwischt sich bei dem Gedanken „Eine zweite Staffel ‚Generation Z‘ könnte was.“ Zu dumm also, dass die britisch-deutsche Ko-Produktion nach dieser einen Staffel abgesetzt wurde. Es wäre in letzte Konsequenz doch noch was gegangen.
Jan Noyer
UK, Deutschland 2024, Serien-Idee: Ben Wheatley, Regie: Ben Wheatley, Homevideostart: 15.02.2025, FSK: ab 16, Empfehlung: ab 16 Jahren, Laufzeit: 6 Episoden á 45 min., Buch: Ben Wheatley, Kamera: Nick Gillespie, Musik: Clint Mansell, Ton: Martin Pavey, Schnitt: Robin Hill, Quin Williams, Produktion: Ben Wheatley, Beth Willis / The Forge, All3Media, ZDF, Verleih: ZDF, Besetzung: Sue Johnston (Cecily), Viola Prettejohn (Finn), Lewis Gribben (Steff), Robert Lindsay (Morgan), Jay Lycurgo (Charlie)




