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Über uns von uns

Im Kino: Sieben geflüchtete Teenagerinnen erzählen von ihrem neuen Leben in Eberswalde und inszenieren sich und ihre Zukunftsträume vor der Kamera.

Was bedeutet es, zwischen zwei Kulturen zu leben? – ist eine der zentralen Fragen, die Regisseurin Rand Beiruty ihren jungen Protagonistinnen stellt. Selbst aus Jordanien stammend hat sie an der Filmuniversität KONRAD WOLF in Babelsberg eine Dissertation zum Thema „Repräsentation von Flüchtlingen im Dokumentarfilm“ geschrieben. Und in ihrem Dokumentarfilmdebüt zeichnet sie dann auch direkt andere als die gewohnten Bilder. Aber Moment mal: Wer genau zeichnet hier eigentlich?

In der Zeit von 2019 bis 2022 hat Beiruty sieben Teenagerinnen begleitet, die aus Syrien, dem Libanon oder dem Irak fliehen mussten und nun in Eberswalde leben. Die Filmemacherin zieht mit ihnen durch die brandenburgische Provinzstadt, lässt sich das Wohngebiet zeigen, die Schule, ist zu Gast in den Familien und begleitet sie auf einer Fahrt in die Hauptstadt. Dabei erzählen Zahraa, Mirna, Mariana, Wessam, Semav, Andrea und Reem von ihrem neuen Leben in Deutschland. Sie sind stolz auf ihre Herkunft, ihre kulturellen Traditionen und vermissen, danach gefragt zu werden. Dass ihre Mitschüler*innen sich nicht mit ihren Geschichten auseinandersetzen, empfinden die Mädchen oft als Demütigung. Von diskriminierenden Äußerungen wie „Kopftuch runter!“, die ihnen auch außerhalb der Schule begegnen, ganz zu schweigen.

Am wohlsten fühlen sich die Freundinnen, wenn sie miteinander Zeit verbringen und sich auf Arabisch austauschen können. Die Deutschen verstehen uns nicht, sagt eines der Mädchen, während ein anderes meint, sie mag die Schule nicht, weil dort zu viele Deutsche und Ausländer seien. Eine andere Teenagerin bemerkt, dass es auch die eigene Schuld sei, wenn sie im Alltag kaum mit Deutschen zu tun hätten. Solche Gespräche machen nachdenklich, erzählen sie doch viel über das Ankommen in Deutschland, über die Schwierigkeiten von geflüchteten Jugendlichen und deren Familien, hier Anschluss zu finden und den Spagat zwischen den unterschiedlichen Kulturen zu meistern. An vielen Stellen würden wir gerne mehr erfahren. Doch sind die Gedanken der Mädchen einmal ausgesprochen, geht es auch schon weiter. Zum Beispiel mit Szenen, in denen wir die Truppe in ihrer Freizeit, beim Schminken oder auf Partys sehen.

Richtig spannend sind die künstlerischen Workshops, die Filmemacherin Rand Beiruty für die Protagonistinnen organisiert hat. Denn dabei werden sie dazu angeregt, über sich nachzudenken, sich kreativ mit ihren Träumen und Wünschen auseinanderzusetzen. „Beschreibt einen Tag in eurem Leben in fünf Jahren!“, „Wenn ich dürfte, würde ich…“, „Was bedeutet das Wort ‚fliehen‘ für dich?“ sind nur einige der Fragen, mit denen sich die Mädchen zeichnend, tanzend, singend oder spielend beschäftigen. Die Ergebnisse lassen tief in ihr Inneres schauen. Eine bewegende Szene erzählt davon, was die Vornamen der Mädchen bedeuten. So wurde Mirna beispielsweise nach der Heldin einer mexikanischen Seifenoper benannt, während der kurdische Mädchenname Semay mit „silbernes Wasser“ übersetzt werden kann.

Am Ende inszenieren die sieben Mädchen vor der Kamera in kitschig-traumhaften Kostümen ihre beruflichen Wunschvorstellungen – ob als toughe Polizistin auf einem Motorrad, als charmante Besitzerin eines Cafés, als angesehene Ärztin, als berühmte Musikerin beim Schlussapplaus oder als imposante Flugbegleiterin. Diese Szenen sind völlig süßlich übertrieben, mit Absicht, denn es sind ihre Träume. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Nach dem Abschluss des Oberstufenzentrums beginnen die meisten von ihnen eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Diese wurde ihnen unmissverständlich „nahegelegt“. Abitur oder gar Studium sind für sie nicht vorgesehen. Noch nicht, wenn es nach den Mädchen geht! Zahraa, Mirna, Mariana, Wessam, Semav, Andrea und Reem sind optimistisch. Wer weiß schon, was die Zukunft noch alles bringt?

Barbara Felsmann

© Real Fiction
14+
Dokumentarfilm

Deutschland, Jordanien, Saudi-Arabien 2024, Regie: Rand Beiruty, Kinostart: 28.11.2024, FSK: ab 6, Empfehlung: ab 14 Jahren, Laufzeit: 92 Min., Buch: Rand Beiruty, Kamera: Marco Müller, Musik: Johann Niegl, Schnitt: Patrick Richter, Abdallah Sada, Produktion: Tondowski Films, Shaghab Films in Koproduktion mit RBB, MDR, ARTE und Red Sea Film Fund, Verleih: Real Fiction Filmverleih, Mit: Zahraa, Mirna, Mariana, Wessam, Semav, Andrea und Reem

Über uns von uns - Über uns von uns - Über uns von uns - Über uns von uns - Über uns von uns - Über uns von uns -

Altersempfehlung 14-18 Jahre

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