Morgen irgendwo am Meer
Vier Jugendliche machen einen Roadtrip nach Lissabon. Während der Fahrt brechen viele Wunden auf, entstehen aber auch neue Möglichkeiten für jeden.
„Morgen irgendwo am Meer“ beginnt mit einer seltsamen Reisekonstellation im Sommer nach dem Abitur: Der melancholische Konrad hängt an seiner bildhübschen alten Freundin Romy und überredet sie, gemeinsam mit ihrem etwas aalglatten neuen Freund Julian einen Roadtrip Richtung Süden zu machen. Julian wiederum hat noch als Mitfahrgelegenheit die lebenfrohe Nele aufgetrieben, die sich schnell in die kleine Gruppe einfügt.
Während sie durch das sonnige Frankreich fahren und idyllisch am Meer zelten, bleiben Schattenseiten und schmerzhafte Auseinandersetzungen nicht aus – Julians Eltern trennen sich und er wird immer eifersüchtiger, Konrad wird immer unberechenbarer und in ihm brodelt ein dunkles Geheimnis und auch Nele gesteht, eigentlich ihren Vater zu suchen.
Dass jede Figur ihr Päckchen zu tragen hat und vor allem Konrad und Romy eine traumatische Aussprache bevorsteht, sorgt für jede Menge Spannung und ist dramaturgisch – wohl auch durch die Buchvorlage – gut genug unterfüttert, um nicht ins Klischee zu rutschen. Nur selten wirkt eine Rückblende mal übertrieben oder ein Dialog etwas konstruiert. Sehr schön ist dagegen das Ende, das zunächst sehr abrupt wirkt und dann häppchenweise noch während des Abspanns die Geschichte effektiv zuende bringt.
Patrick Büchtings Film lebt vom starken Drive, dass die vier immer weiter streben und sich gleichzeitig immer mehr öffnen. Die jungen Schauspieler*innen schaffen es mühelos, die spannende Geschichte zu erzählen und sind gerade als Ensemble in ihrer Spielfreude und Ernsthaftigkeit wirklich überzeugend. Sie vermitteln authentisch das Lebensgefühl der Generation, die in eine ungewisse Zukunft aufbricht und sich noch selbst finden muss. Die Mischung aus fröhlichen Urlaubsbildern und drastischen Konflikten inklusive Schuldgefühlen und der Liebe mit all ihren Facetten macht den Film besonders, da er visuell eine starke Kulisse für große Gefühle des Erwachsenwerdens findet.
Das ist umso mehr hervorzuheben, als der Film als Abschlussfilm eines Filmhochschulabsolventen ohne großes Budget gedreht wurde und dennoch großes Road-Movie-Kino als Coming-of-Age-Drama bietet.
Esther Kaufmann
Deutschland 2024, Regie: Patrick Büchting, Kinostart: 06.06.2024, FSK: ab 12, Laufzeit: 80 Min., Buch: Patrick Büchting, nach dem gleichnamigen Roman von Adriana Popescu, Kamera: Sebastian Berghaus, Schnitt: Julius Haasch, Musik: Nick James, Yannic Bechthold, Daniel Pohl, Produktion: Patrick Büchting, Verleih: Cangerfilms, Besetzung: Sophia Münster (Nele), Jonas Kaufmann (Konrad), Carlotta Weide (Romy), Louie Betton (Julian)
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