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Madison – Ungebremste Girlpower

Im Kino: Die zwölfjährige Madison hat ein Problem: Profi-Rennradfahren wie ihr Papa – oder ihren eigenen Weg gehen?

Unter den bisher erschienenen Werken, die im Rahmen der von mehreren TV-Sendern und Institutionen getragenen Initiative „Der besondere Kinderfilm“ entstanden, nimmt der Debütspielfilm der Österreicherin Kim Strobl eine Sonderrolle ein. Es handelt sich natürlich auch hier um einen originären Filmstoff, selbstverständlich stehen auch wieder mehr oder weniger komplizierte Familienkonstellationen und das Thema Freundschaft im Mittelpunkt. Erstmals aber ist ein solcher Film im Bereich des Leistungssports angesiedelt, konkret im Radrennsport, der für die zwölfjährige Hauptfigur den Lebensmittelpunkt einnimmt, bis sie eher zufällig das Downhill-Fahren auf dem Mountainbike für sich entdeckt.

Madison wurde von ihren Eltern nach einer speziellen Disziplin des Bahnradsports benannt, denn ihr Vater Timo ist selbst Leistungssportler und Radprofi mit Leib und Seele. Er hat schon viele Pokale gewonnen und ist durch internationale Wettkämpfe ständig auf Achse. Timo hat nicht den geringsten Zweifel, dass seine Tochter es ihm nachmachen wird und beim Training mit ihr kennt er kein Pardon und keine Schwächen. Sehr zum Missfallen seiner von ihm bereits getrennt lebenden Frau Maxi, die es als Yoga-Lehrerin eher ruhig und kontemplativ angeht und nur vorsichtig interveniert. Noch bewundert Madison ihren Vater uneingeschränkt und tut alles dafür, ihn nicht zu enttäuschen. Obwohl sie eigentlich noch ein Jahr zu jung ist, folgt sie daher dem Willen ihres Vaters, in den Sommerferien ein Trainingslager für die zukünftige Radsportelite zu besuchen. Nach einem wenig sportlichen Wutausbruch muss sie jedoch das Trainingslager verlassen und dann auch noch mangels anderer Betreuungsangebote mit ihrer Mutter in die Tiroler Berge auf einen Bergbauernhof fahren, wo die Mutter den Sommer über Yogakurse gibt.

Zur Verwunderung der beiden Söhne des Bauern setzt Madison auf ihrem High-Tech-Rennrad das ehrgeizige Trainingsprogramm fort, bis das Rennrad durch eine Unachtsamkeit beschädigt und in die Werkstatt muss. Widerwillig steigt Madison nun auf ein Mountainbike um und findet in der gleichaltrigen Vicky nicht nur einen exzellenten Coach, sondern bald auch ein gute Freundin. Mit akrobatischen Sprüngen über Hügel und schmale Holzbrücken hinweg geht es von nun an downhill, wobei Madison überrascht feststellt, dass diese Form des Radsports ihr sogar richtig Spaß macht, obwohl sie etwas mit Höhenangst zu kämpfen hat. Bei einem anstehenden Mountainbike-Parcours im Ort wollen Vicky und Madison ein Team bilden, um es den Jungen, die bei diesem Wettkampf deutlich in der Überzahl sind, mal so richtig zu zeigen. Dummerweise verliebt sich Madison allerdings in den älteren Luggi, auf den auch Vicky ein Auge geworfen hat. Und als Timo plötzlich auftaucht, um seine Tochter mit einem nagelneuen Rennrad zu locken und zurück ins Trainingslager zu holen, scheint es mit Freundschaft und Teamgeist vorbei.

Selbst wenn man nicht so sehr auf Mountainbikes und Parcours-Abfahrten stehen sollte, wird man sich dem Sog der Bilder vor der Naturkulisse der Alpen nicht entziehen können. Die Bikes fliegen direkt über die Kamera hinweg und die rasanten Abfahren über Stock und Stein sind direkt aus der Perspektive der Fahrenden oder aus der nahen Vogelperspektive gefilmt. Zu diesem Zweck wurde extra ein Stahlseil entlang der Strecke gespannt, an dem die Kamera befestigt war und gezogen werden konnte. Das sind echte Hingucker, zumal erfolgreiche Downhiller hier in Nebenrollen zu sehen sind. In dieser Hinsicht lässt der Film also fast nichts zu wünschen übrig. Mit dem Kontrast zwischen den schweißtreibenden Bahnfahren und dem Downhillen, das vielleicht genauso anstrengend sein mag, offensichtlich aber einen größeren Spaßfaktor aufweist, ist es der Regisseurin gelungen, kritische Akzente zu setzen, denn ihrer Ansicht nach wird der Hochleistungssport heute viel zu sehr von Leistungsdruck und Konkurrenz bestimmt. Dramaturgisch nicht ganz so überzeugend ist der Konflikt zwischen Vater und Tochter, der allzu klischeehaft gezeichnet ist. Zudem fällt es schwer, die ehrgeizige und zickige Madison im Unterschied zur sportlichen und aufgeschlossenen Vicky und den Söhnen des Bauern als positive Identifikationsfigur zu sehen und sofort ins Herz zu schließen. Das muss auch nicht sein, wie vergleichsweise der ebenfalls in den Alpen spielende Film „Amelie rennt“ (Tobias Wiemann, 2017) zeigt, wobei diese Figur allerdings glaubwürdiger und vielschichtiger inszeniert worden ist.

Holger Twele

 

© Farbfilm
8+
Spielfilm

Madison – Ungebremste Girlpower - Deutschland, Österreich 2020, Regie: Kim Strobl, Kinostart: 16.09.2021, FSK: ab 6, Empfehlung: ab 8 Jahren, Laufzeit: 87 Min. Buch: Kim Strobl, Milan Dor. Kamera: Stefan Biebl. Musik: Karwan Marouf. Schnitt: Britta Nahler. Produktion: DOR FILM-WEST, DOR FILM, KiKA,MDR. Verleih: Farbfilm. Darsteller*innen: Felice Ahrens (Madison), Florian Lukas (Vater), Maxi Warwel (Mutter), Emilia Warenski (Vicky), Samuel Girardi (Luggi), Valentin Schreyer (Andi), Yanis Scheurer (Jo), Leevi Schlemmer (Sammy) u. a.

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