100% Coco
Coco liebt Mode. Aber in der Schule lacht man nur über ihren Kleidungsstil. Ob sie als anonyme Bloggerin Style Tiger mehr Erfolg hat?
Eine neue Schule bietet ja immer auch neue Herausforderungen und Chancen auf Veränderung. Die 13-jährige Coco macht sich für ihren ersten Tag an der weiterführenden Schule lange Gedanken, was sie wohl anziehen soll. Mit modernen Stilen kennt sie sich besonders gut aus – schließlich ist Mode ihr Hobby. So spaziert sie an ihrem wichtigen ersten Tag mit rosa Faltenrock, hellblauen Schuhen und Blumenreif im Haar auf den Schulhof und muss entsetzt feststellen, dass alle Schüler*innen mehr oder weniger in einer Art Uniform herumlaufen: einem jeansfarbenen Einerlei. Ein Schock. Aber nicht nur das. Coco wird auch noch von der allseits beliebten Amanda als Clown bezeichnet und ist damit erst einmal unten durch. Um nicht noch mehr anzuecken, bleibt Coco nichts anderes übrig, als sich anzupassen und ebenfalls die langweiligen Einheitsklamotten zu tragen. Individualität ist an dieser Schule nicht gefragt.
Wenig später freundet sich Coco mit Vince und Jada an, die zusammen eine coole Tanzperformance aufs Parkett bringen und für deren Schulaufführung Coco originelle Outfits entwirft und näht. Um ihrer Modebegeisterung unerkannt treu zu bleiben, tritt sie mit eigenen Entwürfen in ihrem Videoblog als „Style Tiger“ auf – mit einer Tigermaske als Erkennungsmerkmal und großem Erfolg. Denn bald reden alle über den mysteriösen Style Tige, auf den man auch beim niederländischen „Veed Fashion Blogger Award“, dem wichtigsten Seismograph für innovativen Modestil, aufmerksam wird. Sogar Cocos schärfste Konkurrentin Amanda kleidet sich plötzlich wie Style Tiger und mogelt sich ins Rampenlicht.
„100% Coco“ ist ein sehr frischer niederländischer Film von Tessa Schram, der sich natürlich vor allem an Mädchen richtet, aber mit zwei sympathischen Jungen auch für diese Zielgruppe Anknüpfungspunkte bietet. Denn es geht vor allem um die Frage, wie ernst man seine Träume nimmt, was man dafür opfern würde und ob man sich auf Dauer verleugnen kann. Die Gruppendynamik innerhalb der Klasse wird sehr präzise beschreiben und auch wenn es an einigen Stellen ein wenig zu klischeehaft wirkt, folgen wir Coco als Heldin gebannt durch die Geschichte. Diese wird aufgelockert und musikalisch getaktet durch Cocos rappende Freunde oder eine Tanzvorführung während des Schulkonzerts. Nicht nur dadurch ist der Film ganz nah an seinem Publikum, sondern auch durch seine stilistische Form, wenn im Filmbild mit Icons gearbeitet wird. Durch Einblendungen, die über den Mobiltelefonen der User aufpoppen, sehen wir beispielsweise, wie oft auf den Handys gerade ein „Like“ geklickt wird. Damit beschreibt der Film ganz nebenbei auch die Unberechenbarkeit der sozialen Medien. Wer hier reüssiert, hat es zunächst einmal geschafft.
Dass Coco außerhalb ihres Videoblogs unscheinbar und blass bleibt, ist ein interessanter Kontrast. Als Style Tiger ist sie eloquent und geht mutig aus sich heraus. Die Anonymität des Netzes bietet auch ihr ungeahnte Möglichkeiten, um sich auszuprobieren. Aber es kommt der Punkt, an dem sie sich bekennen muss. In Cocos Fall ist dies die Einladung zur Fashion Week nach Paris, nachdem ihr Modeblog so großes Aufsehen erregt hat. Und bevor Amanda die Lorbeeren einheimst, stellt sich Coco der Konfrontation.
Nach den holländischen Bestsellern von Niki Smit soll nun noch ein weiterer Film folgen, der von Cocos Modereise nach New York erzählt, in Planung ist auch eine Serie. Schade, dass „100% Coco“ in Deutschland nicht auf der großen Leinwand zu sehen ist. Beim Cinekid-Festival in Amsterdam sowie jüngst beim Kinderfilmfest München hat er jeweils den Publikumspreis gewonnen und wäre ein idealer Favorit für das Kino gewesen. Stattdessen erscheint er kurz nach einer Ausstrahlung in der „Lollywood“-Reihe des KiKA nun „nur“ als Heimkinopremiere.
Katrin Hoffmann
100% Coco - Niederlande 2017, Regie: Tessa Schram, Homevideostart: 05.10.2018, FSK: ab 0, Empfehlung: ab 8 Jahren, Laufzeit: 85 Min. (Blu-ray), 81 Min. (DVD), Buch: Anne-Louise Verboon, Maarten van den Broek, Marie Kieber, nach dem Roman von Niki Smit, Kamera: Luuk Zonnenberg, Schnitt: Joost van de Wetering, Musik: Roel Gommans, Jules Reivers, Produktion: Marcel de Block, Tom de Mol, Anbieter: Universum, Besetzung: Nola Kemper (Coco), Valentijn Avé (Bruno), Merel de Zwart (Amanda), Firy Beuk (Jada), Thom Vendrik (Vince) u. a.